Bund der Steuerzahler fragt nach: „Geschenkeurteil“ wird wohl nicht so streng angewendet wie befürchtet!

Steuerregeln für Geschäftsgeschenke – diese hat der BFH kürzlich verschärft. Danach hätten viele Unternehmer ihre Geschäftsgeschenke möglicherweise nicht mehr als Betriebsausgabe abziehen können. Auf Nachfrage gibt das BMF jetzt Entwarnung: Es bleibt bei der bisherigen Rechtslage! Das dürfte vielen Unternehmern die Bestellung der Geschäftsgeschenke etwa für die nächste Weihnachtszeit erleichtern. Das BMF wird die Entscheidung des BFH nunmehr im BStBl veröffentlichen und somit für allgemein anwendbar erklären. Es wird folgenden Wortlaut haben:

„Bei der Überprüfung der Freigrenze des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG ist aus Vereinfachungsgründen allein auf den Betrag der Zuwendung abzustellen. Die Übernahme der Steuer ist nicht mit einzubeziehen.“

Zum Hintergrund

Im Einzelnen: Der Bundesfinanzhof hatte jüngst entschieden, dass die für ein Geschäftsgeschenk übernommene Pauschalsteuer ein zweites Geschenk ist (BFH 30.3.17, IV R 13/14). Das heißt, der Wert des Geschenks nebst Steuer werden zusammengerechnet. Überschreitet die Summe dann den Betrag von 35 EUR, entfällt der Betriebsausgabenabzug. Für die Praxis hätte das Urteil fatale Folgen, denn bisher wurde die Pauschalsteuer nicht in die 35 EUR-Grenze mit eingerechnet. Die Geschenke hätten also deutlich billiger werden müssen, um noch genug Raum für die Pauschalsteuer zu lassen, die immerhin 30 % beträgt. Auf Nachfrage des Bundes der Steuerzahler (BdSt) gibt das BMF nun Entwarnung. Zwar wird das Urteil im Bundessteuerblatt veröffentlicht und ist damit für alle Finanzbeamten bindend, aber es soll eine Fußnote gesetzt werden. In dieser soll auf das Verwaltungsschreiben vom 19.5.15 verwiesen werden. Das heißt, für den Betriebsausgabenabzug (35 Euro-Grenze) soll weiterhin allein der Geschenkewert maßgeblich sein.

Quelle: Bund der Steuerzahler online, Pressemitteilung vom 29.8.17

Doppelte Haushaltsführung – Abzugsfähige Kosten

Das FG Düsseldorf hat sich in seiner Entscheidung vom 14.3.2017 – 13 K 1216/16 E mit der Frage auseinandergesetzt, ob die Kosten für eine Wohnungseinrichtung und Hausrat im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung neben dem monatlichen Höchstbetrag von 1.000 € als Werbungskosten (ggf. im Wege der AfA) berücksichtigt werden können.

Das BMF hatte sich hierzu noch negativ geäußert (vgl. hierzu das BMF-Schreiben vom 24.10.2014)

Das FG Düsseldorf ist der Rechtsauffassung des BMF nicht gefolgt. Nach seiner Auffassung lässt sich die Rechtsauffassung des BMF nicht aus dem Gesetz herleiten. Aus diesem Grunde müssen derartige Aufwendungen nunmehr neben den Aufwendungen für die Miete auch dann als Werbungskosten geltend gemacht werden, wenn die 1.000 €-Grenze überschritten wird.

Die Finanzbehörden haben jedoch gegen die Entscheidung des FG Revision eingelegt, die unter dem AZ BFH VI R 18/17 beim BFH anhängig ist. Die Finanzbehörden werden aber wohl die Aussetzung des Verfahrens und Aussetzung der Vollziehung gewähren.

Steuertipps für Schüler und Studierende

Das Hessische Ministerium der Finanzen hat Steuertipps bei Aushilfsarbeiten von Schülerinnen, Schülern und Studierenden veröffentlicht.
Diese Steuertipps informieren kurz und übersichtlich darüber, was bei Ferien- oder Aushilfsjobs aus steuer- und sozialversicherungsrechtlicher Sicht zu beachten ist.

Übernahme der Einkommensteuer für Geschenke an Geschäftsfreunde nicht abziehbar

Entstehen dem Steuerpflichtigen Aufwendungen für Geschenke an Geschäftsfreunde und übernimmt er zusätzlich die Steuer, die durch die Zuwendung an den Beschenkten ausgelöst wird, ist der Steuerpflichtige nicht zum Betriebsausgabenabzug berechtigt, wenn die Zuwendung zusammen mit der Steuer 35 EUR übersteigt (BFH 30.3.17, IV R 13/14).

Zum Hintergrund

Im Wirtschaftsleben ist es üblich, Geschäftspartner zu kulturellen und sportlichen Veranstaltungen einzuladen. Solche Geschenke, die die Geschäftsbeziehung fördern oder Neukunden anziehen sollen, können beim Empfänger zu einkommensteuerpflichtigen Einnahmen führen. Müsste der Empfänger den Wert der Einladung versteuern, würde der Zweck des Geschenks vereitelt. Deshalb ist es dem Schenkenden gestattet, die auf das Geschenk entfallende Einkommensteuer des Beschenkten zu übernehmen. Macht er von diesem Recht Gebrauch, wird die Steuer bei ihm mit einem Pauschsteuersatz von 30 % erhoben. Durch die Übernahme der Versteuerung kommt es zu einem sog. „Steuergeschenk“.

MERKE: Aufwendungen für Geschenke an Geschäftsfreunde sind nicht als Betriebsausgabe abziehbar. Das gilt nur dann nicht, wenn die Kosten pro Empfänger und Wirtschaftsjahr 35 EUR nicht übersteigen. Das Abzugsverbot soll verhindern, dass unangemessener Repräsentationsaufwand vom Steuerpflichtigen auf die Allgemeinheit abgewälzt wird und dient der Bekämpfung des sog. „Spesenunwesens“.

Im Urteilsfall hatte ein Konzertveranstalter in großem Umfang Freikarten an Geschäftspartner verteilt. Soweit diesen dadurch steuerpflichtige Einnahmen zugeflossen sind, hatte er pauschale Einkommensteuer auf die Freikarten an das Finanzamt abgeführt.

Diese Steuer hat der BFH nun als weiteres Geschenk beurteilt mit der Folge, dass diese das steuerliche Schicksal der Zuwendung – hier der Freikarten – teilt. Zählt die verschenkte Freikarte zum unangemessenen Repräsentationsaufwand, muss das auch für die übernommene Steuer gelten. Ein Betriebsausgabenabzug kommt danach nicht in Betracht, wenn der Wert des Geschenks und die dafür anfallende Pauschalsteuer insgesamt 35 EUR übersteigen. Damit ist das Abzugsverbot auch dann anzuwenden, wenn diese Betragsgrenze erst aufgrund der Höhe der Pauschalsteuer überschritten wird.

Quelle: BFH online, Pressemitteilung vom 7.6.17

Aktuelles Steuerrecht 10/2017





Monats-Rundschreiben Plus 10-2017


Inhaltsverzeichnis der Ausgabe 10/2017:

Alle Steuerzahler

Vermieter

Freiberufler und Gewerbetreibende

Gesellschafter und Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften

Umsatzsteuerzahler

Arbeitgeber

Abschließende Hinweise

Zum Anfang



Alle Steuerzahler


Bundesfinanzhof beendet den Meinungsstreit: Scheidungskosten sind steuerlich nicht mehr abziehbar

| Kosten für ein Scheidungsverfahren wirken sich nicht mehr steuermindernd aus. Denn nach einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs sind diese Ausgaben nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar. Die Begründung: Scheidungskosten fallen unter das 2013 gesetzlich eingeführte Abzugsverbot für Prozesskosten. Damit dürfte der nach der Gesetzesänderung eingesetzte Meinungsstreit, ob das Abzugsverbot von Prozesskosten auch Ehescheidungskosten umfasst oder ob insoweit eine Ausnahme zu machen ist, abschließend entschieden sein. |

Hintergrund

Seit dem Veranlagungszeitraum 2013 sind Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) vom Abzug als außergewöhnliche Belastung ausgeschlossen. Das Abzugsverbot gilt nur dann nicht, wenn der Steuerpflichtige ohne die Aufwendungen Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.

Auf diese Ausnahmeregelung berief sich die Steuerpflichtige im Streitfall und machte in ihrer Einkommensteuererklärung Aufwendungen für ein Scheidungsverfahren als außergewöhnliche Belastung geltend.

Die Entscheidung

Im Gegensatz zum Finanzgericht Köln lehnte der Bundesfinanzhof den steuerlichen Abzug ab. Denn ein Steuerpflichtiger erbringt die Aufwendungen für ein Scheidungsverfahren regelmäßig nicht zur Sicherung seiner Existenzgrundlage und seiner lebensnotwendigen Bedürfnisse. Hiervon kann nur ausgegangen werden, wenn die wirtschaftliche Lebensgrundlage bedroht ist. Eine derartige existenzielle Betroffenheit liegt bei Scheidungskosten nicht vor – auch wenn das Festhalten an der Ehe für den Steuerpflichtigen eine starke Beeinträchtigung seines Lebens darstellt.

Kurzum: Die bis zur Neuregelung ergangene (günstigere) Rechtsprechung ist seit dem Veranlagungszeitraum 2013 nicht mehr anwendbar. Denn der Gesetzgeber hat die Steuererheblichkeit von Prozesskosten auf einen engen Rahmen zurückführen und Scheidungskosten vom Abzug als außergewöhnliche Belastung bewusst ausschließen wollen.

Quelle | BFH-Urteil vom 18.5.2017, Az. VI R 9/16, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 195889

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Außergewöhnliche Belastungen: Kosten können nicht auf mehrere Jahre verteilt werden

| Erwachsen einem Steuerpflichtigen erhebliche – als außergewöhnliche Belastung – abzugsfähige Aufwendungen und würden diese zum Großteil steuerlich wirkungslos bleiben, weil ihnen keine entsprechenden Einkünfte gegenüberstehen, können die Aufwendungen nicht auf mehrere Jahre verteilt und „steuerlich gerettet“ werden. Dies hat kürzlich der Bundesfinanzhof entschieden. |

Sachverhalt

Im Streitfall musste eine Familie ihr Haus behindertengerecht umbauen. Die Kosten von rund 165.000 EUR zahlte sie komplett in einem Jahr. Da ihr Gesamtbetrag der Einkünfte niedriger war, so-

dass sich von den 165.000 EUR nur ein Teil steuermindernd ausgewirkt hätte, begehrte die Familie eine Verteilung der Aufwendungen auf mehrere Jahre – allerdings ohne Erfolg.

Bei außergewöhnlichen Belastungen ist das Zu- und Abflussprinzip anwendbar. Aufwendungen sind danach grundsätzlich in dem Veranlagungszeitraum (VZ) zu berücksichtigen, in dem sie geleistet wurden. Wirken sich außergewöhnliche Belastungen mangels eines hinreichenden Gesamtbetrags der Einkünfte nicht aus, sieht das Gesetz keine Möglichkeit vor, den restlichen Betrag in einen anderen VZ zu übertragen oder auf mehrere VZ zu verteilen.

Nach Meinung des Bundesfinanzhofs ist die Steuerunerheblichkeit von den Gesamtbetrag der Einkünfte überschreitenden außergewöhnlichen Belastungen der einkommensteuerlichen Systematik geschuldet. Eine abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen ist atypischen Ausnahmefällen vorbehalten. Sie kommt nicht bereits dann in Betracht, wenn sich Aufwendungen im VZ der Verausgabung nicht vollständig steuermindernd ausgewirkt haben.

PRAXISHINWEIS | In ähnlichen Fällen sollten die Aufwendungen vorzugsweise nicht in einem Jahr gezahlt, sondern auf mehrere VZ verteilt werden.

Zudem sollte man bei außergewöhnlichen Belastungen die zumutbare Eigenbelastung im Blick haben, deren Höhe vom Gesamtbetrag der Einkünfte, Familienstand und der Anzahl der Kinder abhängt. Ist abzusehen, dass die zumutbare Eigenbelastung nicht überschritten wird, sollten offene Rechnungen (nach Möglichkeit) erst im Folgejahr beglichen werden. Ein Vorziehen lohnt sich, wenn im betroffenen Jahr bereits hohe Aufwendungen getätigt wurden.

Quelle | BFH, Beschluss vom 12.7.2017, Az. VI R 36/15, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 195917

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Abzug von Unterhaltsaufwendungen: Betreuungsgeld gilt als „schädlicher“ Bezug

| Unterhaltszahlungen können sich als außergewöhnliche Belastungen steuermindernd auswirken. Dabei wird der Höchstbetrag von derzeit 8.820 EUR um die eigenen Einkünfte und Bezüge des Unterhaltsempfängers vermindert, soweit diese 624 EUR im Kalenderjahr übersteigen. Nach einer Entscheidung des Finanzgerichts Münster ist das Betreuungsgeld als eigener Bezug der unterstützten Mutter zu berücksichtigen, nicht aber das Kindergeld. |

Sachverhalt

Ein Steuerpflichtiger gewährte der Mutter seiner beiden Kinder, mit der er in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebt, Unterhalt. Die in seiner Steuererklärung geltend gemachten Unterhaltsaufwendungen kürzte das Finanzamt um das von der Mutter im Streitjahr 2015 bezogene Betreuungsgeld (nach § 4a ff. Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz) und das anteilige auf die Mutter entfallende Kindergeld. Hiergegen wandte sich der Steuerpflichtige mit der Begründung, dass Kindergeld und Betreuungsgeld nicht für den eigenen Lebensunterhalt der Mutter bestimmt seien. Seine Klage war zumindest teilweise erfolgreich.

Das Kindergeld sah das Finanzgericht Münster nicht als eigenen Bezug der Mutter an. Nach der Grundkonzeption des Familienleistungsausgleichs dient es der steuerlichen Freistellung des Existenzminimums des Kindes und der Förderung der Familie. Dementsprechend wird das Kindergeld auch im Sozialrecht als Einkommen des Kindes angesehen.

Hingegen wird das Betreuungsgeld nur für diejenigen Kinder gezahlt, die nicht in einer Tageseinrichtung, sondern von einem Elternteil betreut werden. Es schafft einen Ausgleich zu einer nicht in Anspruch genommenen anderweitig zur Verfügung gestellten staatlichen Sachleistung und ist zur Sicherung des Unterhalts der Mutter bestimmt.

Quelle | FG Münster, Urteil vom 11.7.2017, Az. 14 K 2825/16 E, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 195887

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Vermieter


Zur Einkünfteerzielungsabsicht bei absehbarer Unterbrechung des Prognosezeitraums

| Ist im Mietvertrag eine entgeltliche Vermietung nur für eine bestimmte Zeit und anschließend eine unentgeltliche Überlassung vereinbart worden, handelt es sich nicht um eine auf Dauer angelegte Vermietung. Dies gilt selbst dann, wenn nach der – im Streitfall auf die Lebenszeit der Nutzenden begrenzten – unentgeltlichen Überlassung eine dauerhafte (entgeltliche) Vermietung an Dritte geplant ist. |

Zum Hintergrund: Bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit ist grundsätzlich davon auszugehen, dass der Steuerpflichtige beabsichtigt, einen Einnahmeüberschuss zu erwirtschaften; die Einkunftserzielungsabsicht kann insoweit nur in Ausnahmefällen verneint werden. Liegt dagegen keine auf Dauer angelegte Vermietungstätigkeit vor, ist im Rahmen einer Prognose zu prüfen, ob der Steuerpflichtige in dem zeitlich begrenzten Vermietungszeitraum einen Überschuss der Mieteinnahmen über die Werbungskosten erzielen kann.

Sachverhalt

Im Streitfall hatte der Steuerpflichtige seinen Eltern im Rahmen der Eigentumsübertragung auf ihn ein lebenslanges Wohnrecht eingeräumt, wobei eine Entgeltlichkeit nur für die ersten zehn Jahre vereinbart wurde. Nach dem Tod der Eltern sollte dann an fremde Dritte entgeltlich vermietet werden.

Während der Steuerpflichtige die Verluste aus der Vermietung steuerlich geltend machte, versagte das Finanzamt die steuerliche Anerkennung unter Hinweis auf die fehlende Einkunftserzielungsabsicht.

Auch das Finanzgericht Düsseldorf berücksichtigte die Verluste nicht, weil in dem begrenzten Prognosezeitraum von zehn Jahren kein Überschuss erzielt wurde.

PRAXISHINWEIS | Eine Einkünfteerzielungsabsicht kann regelmäßig nur dann unterstellt werden, wenn bei Beginn des Mietverhältnisses im Prognosezeitraum von 30 Jahren ausschließlich eine entgeltliche oder zumindest teilentgeltliche Überlassung geplant ist. Absehbare Unterbrechungen des Prognosezeitraums durch eine unentgeltliche Überlassung dürften die Prüfung der Überschusserzielungsabsicht zur Folge haben. Eine geplante Anschlussvermietung nach einer absehbaren Unterbrechung hilft insoweit kaum weiter.

Gleichwohl sollten betroffene Steuerbescheide bis zur höchstrichterlichen Klärung – die Revision gegen die Entscheidung des Finanzgerichts Düsseldorf ist inzwischen anhängig – per Einspruch offengehalten werden.

Quelle | FG Düsseldorf, Urteil vom 6.2.2017, Az. 11 K 2879/15 E, Rev. BFH Az. IX R 8/17, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 195704

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Freiberufler und Gewerbetreibende


Private Pkw-Nutzung: Erschütterung des Anscheinsbeweises ist nicht einfach

| Nach der allgemeinen Lebenserfahrung werden betriebliche Fahrzeuge, die zu privaten Zwecken zur Verfügung stehen, auch tatsächlich privat genutzt. Dafür spricht der Beweis des ersten Anscheins. Ein solcher Anscheinsbeweis kann jedoch erschüttert werden. Ein im Privatvermögen vorhandener Pkw reicht dafür allerdings nicht, wenn dieser nicht zur uneingeschränkten Nutzung zur Verfügung steht, weil er z. B. auch von der Lebensgefährtin genutzt wird. Dies hat das Finanzgericht Münster entschieden. |

Sachverhalt

Im Streitfall konnte der Einzelunternehmer die Richter nicht davon überzeugen, dass er den im Betriebsvermögen gehaltenen VW Multivan nicht privat genutzt habe. Der Pkw sei grundsätzlich zur privaten Nutzung geeignet, insbesondere schließe eine fest eingebaute Werkzeugkiste im Rückraum eine private Nutzung nicht aus. Dass dem Steuerpflichtigen daneben noch ein BMW gehörte, nutzte ihm nichts, da dieser von der Lebensgefährtin u. a. für Fahrten zur Arbeit genutzt wurde und sie sich auch an den Kosten des Pkw beteiligte. Dass der Steuerpflichtige auch ein Motorrad besaß, war für die Richter ebenfalls unbeachtlich, da der Nutzungswert nicht mit dem eines Pkw vergleichbar ist.

Die Anforderungen an einen solchen Gegenbeweis dürfen zwar nicht überstrapaziert werden. Ein Vollbeweis, also der Beweis, dass eine private Nutzung des Fahrzeugs nicht stattgefunden hat, ist nicht erforderlich. Die bloße Behauptung, dass für private Fahrten ein weiterer Pkw zur Verfügung stand, reicht jedoch regelmäßig nicht aus. Es muss vielmehr ein Sachverhalt dargelegt und im Zweifel auch nachgewiesen werden, der es ernstlich möglich erscheinen lässt, dass sich die Sache anders als nach den allgemeinen Erfahrungsgrundsätzen abgespielt hat.

PRAXISHINWEIS | Bei einer Pkw-Privatnutzung durch Arbeitnehmer verhält sich die Rechtslage anders. Ob der Arbeitnehmer den Anscheinsbeweis zu entkräften vermag, ist für die Besteuerung des Nutzungsvorteils nämlich unerheblich. Allerdings setzt die Ein-Prozent-Regelung voraus, dass der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer tatsächlich einen Dienstwagen zur privaten Nutzung überlassen hat. Steht dies nicht fest, kann auch der Beweis des ersten Anscheins diese fehlende Feststellung nicht ersetzen.

Dieser Grundsatz kann aber nicht auf die Besteuerung eines Einzelunternehmers übertragen werden. Denn dieser überlässt sich das Fahrzeug nicht selbst zur Privatnutzung. Da es sich um eine einzige Person handelt, fehlt der erforderliche Interessengegensatz, wie er zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber besteht.

Quelle | FG Münster, Urteil vom 11.5.2017, Az. 13 K 1940/15 E,G, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 195788; BFH-Urteil vom 21.3.2013, Az. VI R 31/10

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Künstlersozialversicherung: Abgabesatz beträgt im nächsten Jahr 4,2 %

| Der Abgabesatz zur Künstlersozialversicherung sinkt im Jahr 2018 von 4,8 % auf 4,2 %. Der Künstlersozialabgabesatz geht damit im zweiten Jahr hintereinander zurück und liegt im nächsten Jahr um einen Prozentpunkt niedriger als 2016 (5,2 %). |

Hintergrund: Grundsätzlich gehören alle Unternehmen, die durch ihre Organisation, besondere Branchenkenntnisse oder spezielles Know-how den Absatz künstlerischer Leistungen am Markt fördern oder ermöglichen, zum Kreis der künstlersozialabgabepflichtigen Personen. Weitere Informationen erhalten Sie unter www.kuenstlersozialkasse.de.

Die Senkung des Abgabesatzes ist im Wesentlichen zurückzuführen auf die verstärkte Prüf- und Beratungstätigkeit der Deutschen Rentenversicherung und der Künstlersozialkasse seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Stabilisierung des Künstlersozialabgabesatzes zu Beginn des Jahres 2015. In 2015 und 2016 wurden rund 50.000 abgabepflichtige Unternehmen neu erfasst. Ferner haben sich ca. 17.000 abgabepflichtige Unternehmen bei der Künstlersozialkasse gemeldet.

Quelle | Künstlersozialabgabe-Verordnung 2018 vom 1.8.2017, BGBl I 2017, 3056; BMAS, Mitteilung vom 9.6.2017: „Künstlersozialabgabe kann merklich auf 4,2 Prozent sinken“

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Banken dürfen auch bei Unternehmerkrediten keine Bearbeitungsentgelte verlangen

| Bereits 2014 hatte der Bundesgerichtshof entschieden, dass Kreditinstitute keine Bearbeitungsgebühren für die Vergabe von Darlehen erheben dürfen. Diese Rechtsprechung betraf jedoch „nur“ Verbraucher. Nun hat das Gericht nachgelegt und klargestellt, dass dieses Verbot auch für Unternehmerkredite gilt. |

Sachverhalt

Die Verfahren betrafen Unternehmer, die mit den jeweiligen Banken Darlehensverträge geschlossenen hatten. Diese enthielten Formularklauseln, wonach der Darlehensnehmer ein laufzeitunabhängiges „Bearbeitungsentgelt“ bzw. eine „Bearbeitungsgebühr“ zu entrichten hat.

Der Bundesgerichtshof hat nun entschieden, dass es sich bei den angegriffenen Klauseln um sogenannte Preisnebenabreden handelt, die einer Inhaltskontrolle nicht standhalten.

Die Angemessenheit der Klauseln lässt sich insbesondere auch nicht mit Besonderheiten des kaufmännischen Geschäftsverkehrs rechtfertigen. Soweit hierzu eine geringere Schutzbedürftigkeit und eine stärkere Verhandlungsmacht von Unternehmern im Vergleich zu Verbrauchern angeführt werden, wird übersehen, dass der Schutzzweck des § 307 BGB, die Inanspruchnahme einseitiger Gestaltungsmacht zu begrenzen, auch zugunsten eines Unternehmers gilt.

PRAXISHINWEIS | Bereits gezahlte Bearbeitungsentgelte können von der jeweiligen Bank zurückgefordert werden, solange die Ansprüche nicht verjährt sind. Bis Ende 2017 gilt dies zumindest noch für Gebühren, die in 2014 oder später gezahlt wurden.

Da die neue Rechtsprechung für die Banken mitunter teuer werden könnte, rechnen Experten mit Widerstand bei der Rückzahlung der Beträge.

Quelle | BGH-Urteile vom 4.7.2017, Az. XI ZR 562/15 und XI ZR 233/16, Mitteilung des BGH vom 4.7.2017, Nr. 104/2017

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Gesellschafter und Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften


Sozialversicherungspflicht: Schuldrechtliche Stimmrechtsvereinbarung bleibt ohne Wirkung

| Fehlt einem Gesellschafter-Geschäftsführer (GGf) einer GmbH, an der er nicht mehrheitlich beteiligt ist, nach dem Gesellschaftsvertrag die Rechtsmacht, ihm unliebsame Entscheidungen abzuwehren, ist er sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Dies hat das Landessozialgericht Schleswig-Holstein entschieden. |

Ausschlaggebend war, dass der Gesellschaftsvertrag Entscheidungen mit einfacher Mehrheit vorsah und der GGf nur ein Drittel der Stimmanteile und zudem keine Sperrminorität besaß. Die Stimmrechtsvereinbarung, wonach Entscheidungen nur einstimmig erfolgen, erfolgte außerhalb des Gesellschaftsvertrags. Ohne Beurkundung und Handelsregistereintragung hat diese Vereinbarung aber keine sozialversicherungsrechtliche Relevanz.

MERKE | Die aktuelle Entscheidung zeigt: Allein schuldrechtliche Vereinbarungen können die Rechtsmachtverhältnisse aus dem Gesellschaftsvertrag nicht mit sozialversicherungsrechtlicher Wirkung verschieben.

Quelle | LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 29.6.2017, Az. L 5 KR 20/15, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 195923

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Umsatzsteuerzahler


Neues Verwaltungsschreiben zur Behandlung der Bauträger-Altfälle

| Bei bestimmten Bauleistungen schuldet der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer, wenn er selbst Bauleistungen erbringt. Bei der Behandlung der sogenannten Bauträger-Altfälle – dies sind Bauleistungen, die vor dem 15.2.2014 erbracht wurden – haben inzwischen selbst Steuerexperten den Überblick verloren. Dies ist nicht zuletzt den zahlreichen Urteilen und Verwaltungsschreiben geschuldet. Nun gibt es ein neues Schreiben des Bundesfinanzministeriums, das (leider) erneut Fragen offenlässt. |

Hintergrund

Die für die Baubranche verankerte Übertragung der Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger hatte die Finanzverwaltung ab 2010 per Verwaltungsanweisung auch auf bauleistungsempfangene Bauträger ausgedehnt. Allerdings hatte der Bundesfinanzhof eine solche Übertragung der Steuerschuldnerschaft eingeengt.

Der Gesetzgeber besserte für die Zukunft nach und schuf eine Übergangsregelung für Altfälle (Stichtag: 15.2.2014), um bei der Rückerstattung der gezahlten Steuern an den Bauträger den eigentlichen Steuerschuldner (Bauhandwerker) nachträglich belasten zu können. Zur Vereinfachung des Verfahrens wurde geregelt, dass der leistende Unternehmer seinen dann gegenüber dem Leistungsempfänger zivilrechtlich entstehenden Anspruch auf Nachzahlung der Umsatzsteuer an das Finanzamt abtreten kann, welches im Anschluss mit der Erstattungsforderung des Leistungsempfängers gegenüber dem Fiskus aufrechnen wird.

Sowohl die Rückwirkung dieser Regelung als auch die Nachbelastung der leistenden Unternehmer lösten zahlreiche Verfahren aus. Mit einer aufsehenerregenden Entscheidung präsentierte der Bundesfinanzhof in diesem Jahr einen Lösungsvorschlag: Eine Umsatzsteuerfestsetzung kann gegenüber dem leistenden Unternehmer nur dann (zu seinem Nachteil) geändert werden, wenn ihm ein abtretbarer Anspruch auf Zahlung der gesetzlich entstandenen Umsatzsteuer gegen den Leistungsempfänger zusteht.

Beachten Sie | Nach der Entscheidung hat das Finanzamt eine Abtretung auch dann anzunehmen, wenn der Steueranspruch bereits durch Zahlung getilgt war. Auf das Vorliegen einer Rechnung mit gesondertem Steuerausweis kommt es nicht an.

Das Verwaltungsschreiben

Das Bundesfinanzministerium hat sich nun zu den Auswirkungen der neuen Rechtsprechung positioniert und wendet diese im Wesentlichen an. Das umfangreiche Verwaltungsschreiben ersetzt das Schreiben vom 31.7.2014 und ist in allen offenen Fällen anzuwenden. Einige Punkte werden dargestellt:

Beantragt der Leistungsempfänger für eine vor dem 15.2.2014 ausgeführte steuerpflichtige Bauleistung die Erstattung der von ihm abgeführten Umsatzsteuer, ist die gegen den leistenden Unternehmer wirkende Umsatzsteuerfestsetzung für noch nicht festsetzungsverjährte Besteuerungszeiträume zu ändern. Voraussetzung: Dem leistenden Unternehmer muss ein abtretbarer Anspruch auf Zahlung der gesetzlich entstandenen Umsatzsteuer gegen den Leistungsempfänger zustehen oder zugestanden haben.

Beachten Sie | Somit kann die Steuerfestsetzung gegenüber dem leistenden Unternehmer auch dann geändert werden, wenn dem leistenden Unternehmer im Zeitpunkt der Änderung deshalb kein zivilrechtlicher Anspruch gegenüber dem Leistungsempfänger mehr zusteht, weil dieser bereits durch Erfüllung oder Verzicht erloschen ist.

Der leistende Unternehmer kann die gesetzlich entstandene und von ihm geschuldete Umsatzsteuer zivilrechtlich gegenüber dem Leistungsempfänger zusätzlich zum Netto-Entgelt geltend machen. In den Fällen, in denen die Vertragspartner ein Abtretungsverbot vereinbart haben, steht dies einer Änderung der Steuerfestsetzung nicht entgegen.

Kritikpunkte

Die Reaktion auf die neue Verwaltungsanweisung ist geteilt. Kritiker weisen u. a. darauf hin, dass (viele) Fragen offengeblieben sind. Zum Beispiel enthält das Schreiben keine Erläuterungen zur Zinsfestsetzung auf die Erstattungsanträge des Bauträgers.

Ferner bemängelt der Steuerberaterverband Niedersachsen Sachsen-Anhalt u. a. folgende Aussage: Leistungsempfängern werden Umsatzsteuer-Erstattungen nur gewährt, wenn nachgewiesen wird, dass der Umsatzsteuerbetrag an den Subunternehmer bezahlt worden ist oder aber mit der vom Subunternehmer abgetretenen Forderung aufgerechnet werden kann. In anderen Fällen wird der Antrag abgelehnt.

Diese Meinung steht im Widerspruch zu einer Entscheidung des Finanzgerichts Münster, wonach die Steuerschuldnerschaft des Bauträgers unabhängig davon entfällt, ob der Bauträger die Umsatzsteuer an den leistenden Bauunternehmer erstattet.

Pikant: Die Finanzverwaltung hatte gegen das Urteil Revision eingelegt (Az. V R 6/17). Da diese aber nun zurückgenommen worden ist, wird es eine höchstrichterliche Entscheidung zu diesem Verfahren (leider) nicht geben.

PRAXISHINWEIS | Positiv ist, dass die Finanzverwaltung zeitnah Stellung bezogen hat und das Urteil des Bundesfinanzhofs im Wesentlichen anwendet. Da allerdings Fragen offengeblieben sind, werden die Bauträger-Altfälle die Gerichte wohl weiterhin beschäftigen.

Quelle | BMF-Schreiben vom 26.7.2017, Az. III C 3 – S 7279/11/10002-09, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 196101; Steuerberaterverband Niedersachsen Sachsen Anhalt: „Neues zu den Bauleistungen: Umsatzsteuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers bei Bauleistungen“, Stand: 24.8.2017; BFH-Urteil vom 23.2.2017, Az. V R 16, 24/16; FG Münster, Urteil vom 31.1.2017, Az. 15 K 3998/15 U

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Arbeitgeber


Zuschüsse zur privaten Zusatzkrankenversicherung als Sachlohn

| Bezuschusst der Arbeitgeber Beiträge seines Arbeitnehmers zu einer privaten Zusatzkrankenversicherung, kann es sich um begünstigten Sachlohn handeln. Voraussetzung: Der Arbeitnehmer kann die Zahlungen nur beanspruchen, wenn er eine Zusatzkrankenversicherung abgeschlossen hat und der Zuschuss die von ihm gezahlten Beiträge nicht übersteigt. Solche Bezüge bleiben außer Ansatz, wenn sie die monatliche Grenze von 44 EUR (gilt für alle Sachbezüge) nicht überschritten haben. So lautet eine Entscheidung des Finanzgerichts Mecklenburg-Vorpommern. |

Es kommt grundsätzlich nicht darauf an, ob der Arbeitnehmer selbst Vertragspartner des Dritten geworden ist oder der Arbeitgeber die Sachleistung beim Dritten bezieht. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs handelt es sich in beiden Fällen um Sachlohn, wenn der Arbeitnehmer aufgrund seines Arbeitsvertrags ausschließlich Versicherungsschutz verlangen kann.

Diese Ansicht ist allerdings umstritten. Nach Meinung der Finanzverwaltung sollen Beiträge zur Zukunftssicherung des Arbeitnehmers als Barlohn qualifiziert werden können, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer – wirtschaftlich betrachtet – die Beiträge für die Zukunftssicherung zur Verfügung stellt. Dann wäre die monatliche 44 EUR-Grenze nicht anzuwenden. Es bleibt abzuwarten, ob sich die bürgerfreundlichere Ansicht des Finanzgerichts Mecklenburg-Vorpommern im Revisionsverfahren durchsetzen wird.

Quelle | FG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 16.3.2017, Az. 1 K 215/16; Rev. BFH, Az. VI R 16/17, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 194370; BFH-Urteil vom 14.4.2011, Az. VI R 24/10; BMF-Schreiben vom 10.10.2013, Az. IV C 5 – S 2334/13/10001

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Insolvenzgeldumlage soll in 2018 auf 0,06 % sinken

| Per Rechtsverordnung hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales festgesetzt, dass die Insolvenzgeldumlage ab dem 1.1.2018 von bisher 0,09 % auf dann 0,06 % sinkt. Der Bundesrat muss der Verordnung noch zustimmen. |

Zum Hintergrund: Die Insolvenzgeldumlage wird von den Arbeitgebern getragen und finanziert den Anspruch der Arbeitnehmer auf Insolvenzgeld. Die monatliche Umlage ist nach einem Prozentsatz des Arbeitsentgelts (Umlagesatz) zu erheben. Maßgebend ist das Arbeitsentgelt, nach dem die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung für die im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer und Auszubildenden bemessen werden oder im Falle einer Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu bemessen wären.

Quelle | Verordnung zur Festsetzung des Umlagesatzes für das Insolvenzgeld für das Kalenderjahr 2018 (Insolvenzgeldumlagesatzverordnung 2018 – InsoGeldFestV 2018), BR-Drs. 583/17 vom 1.8.2017

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Förderung der Elektromobilität: Gibt es bald auch Vereinfachungen für Pedelecs?

| Durch die finanzielle Förderung der Elektromobilität will die Bundesregierung die Verbreitung elektrisch betriebener Fahrzeuge unterstützen. Da stellt sich die Frage, warum das Laden von privaten Elektrofahrrädern (Pedelecs mit einer Motorunterstützung bis zu 25 km/h) am Arbeitsplatz von der seit 2017 geltenden Lohnsteuerbefreiung von Ladestrom ausgeschlossen ist. Antworten gibt der parlamentarische Staatssekretär im Bundesfinanzministerium Dr. Michael Meister. |

Hintergrund: Seit 2017 gilt eine auf fünf Jahre befristete Steuerbefreiung für den geldwerten Vorteil aus der Zurverfügungstellung von Ladestrom für Elektro-Kraftfahrzeuge an den Arbeitnehmer. Elektrofahrräder, deren Motoren lediglich Geschwindigkeiten bis 25 km/h unterstützen, sind keine Elektro-Kraftfahrzeuge im Sinne dieser Vorschrift und werden damit durch diese Maßnahme nicht begünstigt.

Die Steuerbefreiung ist Teil eines Maßnahmenbündels, um den Erwerb von Elektro-Kraftfahrzeugen sowie den dazu notwendigen Ausbau der Ladeinfrastruktur für solche Kraftfahrzeuge gezielt zu fördern. Die Ausweitung der lohnsteuerlichen Regelungen auf „Zweiräder mit Elektroantrieb“ entspricht hingegen nicht der Zielrichtung der gesetzlichen Regelung. Begründung: Eine direkte Förderung von Zweirädern mit Elektrounterstützung und mit Elektroantrieb wurde während des Gesetzgebungsverfahrens nicht für erforderlich gehalten, weil der Markt für diese Zweiräder bereits sehr gut entwickelt und deren Verbreitung ohne Weiteres gewährleistet ist.

Beachten Sie | Dr. Meister weist aber auch darauf hin, dass Vereinfachungen bei Erfassung und Abrechnung möglicher Vorteile durch das Aufladen von Elektrofahrrädern am Arbeitsplatz zurzeit von den obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder erörtert werden. Auf das Ergebnis darf man gespannt sein.

Quelle | Deutscher Bundestag, „Schriftliche Fragen mit den in der Woche vom 7. August 2017 eingegangenen Antworten der Bundesregierung“ (unter Punkt 20.), Drs. 18/13307 vom 11.8.2017

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Abschließende Hinweise


Verzugszinsen

| Für die Berechnung der Verzugszinsen ist seit dem 1.1.2002 der Basiszinssatz nach § 247 BGB anzuwenden. Die Höhe wird jeweils zum 1.1. und 1.7. eines Jahres neu bestimmt. |

Der Basiszinssatz für die Zeit vom 1.7.2017 bis zum 31.12.2017 beträgt -0,88 Prozent.

Damit ergeben sich folgende Verzugszinsen:

  • für Verbraucher (§ 288 Abs. 1 BGB): 4,12 Prozent
  • für den unternehmerischen Geschäftsverkehr (§ 288 Abs. 2 BGB): 8,12 Prozent*

* für Schuldverhältnisse, die vor dem 29.7.2014 entstanden sind: 7,12 Prozent.

Die für die Berechnung der Verzugszinsen anzuwendenden Basiszinssätze betrugen in der Vergangenheit:

Berechnung der Verzugszinsen

Zeitraum

Zins

vom 1.1.2017 bis 30.6.2017

-0,88 Prozent

vom 1.7.2016 bis 31.12.2016

-0,88 Prozent

vom 1.1.2016 bis 30.6.2016

-0,83 Prozent

vom 1.7.2015 bis 31.12.2015

-0,83 Prozent

vom 1.1.2015 bis 30.6.2015

-0,83 Prozent

vom 1.7.2014 bis 31.12.2014

-0,73 Prozent

vom 1.1.2014 bis 30.6.2014

-0,63 Prozent

vom 1.7.2013 bis 31.12.2013

-0,38 Prozent

vom 1.1.2013 bis 30.6.2013

-0,13 Prozent

vom 1.7.2012 bis 31.12.2012

0,12 Prozent

vom 1.1.2012 bis 30.6.2012

0,12 Prozent

vom 1.7.2011 bis 31.12.2011

0,37 Prozent

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Steuern und Beiträge Sozialversicherung: Fälligkeitstermine in 10/2017

| Im Monat Oktober 2017 sollten Sie insbesondere folgende Fälligkeitstermine beachten: |

Steuertermine (Fälligkeit):

  • Umsatzsteuer (Monatszahler): 10.10.2017
  • Lohnsteuer (Monatszahler): 10.10.2017

Bei einer Scheckzahlung muss der Scheck dem Finanzamt spätestens drei Tage vor dem Fälligkeitstermin vorliegen.

Beachten Sie | Die für alle Steuern geltende dreitägige Zahlungsschonfrist bei einer verspäteten Zahlung durch Überweisung endet am 13.10.2017. Es wird an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, dass diese Zahlungsschonfrist ausdrücklich nicht für Zahlung per Scheck gilt.

Beiträge Sozialversicherung (Fälligkeit):

Sozialversicherungsbeiträge sind spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des laufenden Monats fällig, für den Beitragsmonat Oktober 2017 am 26.10.2017.

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Aktuelles Steuerrecht 9/2017





Monats-Rundschreiben Plus 09-2017


Inhaltsverzeichnis der Ausgabe 09/2017:

Alle Steuerzahler

Vermieter

Kapitalanleger

Freiberufler und Gewerbetreibende

Umsatzsteuerzahler

Arbeitgeber

Arbeitnehmer

Abschließende Hinweise

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Alle Steuerzahler


Betriebliche Altersvorsorge: Diese Verbesserungen bringt das Betriebsrentenstärkungsgesetz

| Gerade in kleinen Unternehmen ist die Betriebsrente noch nicht ausreichend verbreitet. Durch das Betriebsrentenstärkungsgesetz, dem der Bundesrat kurz vor der Sommerpause zugestimmt hat, soll das nun anders werden. Nachfolgend erhalten Sie einen Überblick über das Gesetzespaket, das im Wesentlichen am 1.1.2018 in Kraft tritt. |

Sozialpartnermodell

Zu den bisherigen Modellen der Betriebsrente kommt nun ein weiteres hinzu: das Sozialpartnermodell mit der Möglichkeit der reinen Beitragszusage. Arbeitgeber sind danach nur verpflichtet, den vereinbarten Beitrag an die Versorgungseinrichtung zu bezahlen. Sie werden von der Haftung befreit. Mindest- oder Garantieleistungen für Arbeitnehmer sind ausgeschlossen.

Das Sozialpartnermodell wird eingeführt durch Branchen-Tarifverträge. Nichttarifgebundene Arbeitgeber und Beschäftigte können allerdings vereinbaren, dass die Tarifverträge auch für sie gelten sollen.

Im Sozialpartnermodell hat der Arbeitgeber eine Entgeltumwandlung mit 15 % zu bezuschussen, soweit Sozialversicherungsbeiträge eingespart werden. Zusätzlich kann der Tarifvertrag Sicherungsbeträge vorsehen, die das Versorgungsniveau („Zielrente“) absichern sollen.

Beachten Sie | Der Arbeitgeberzuschuss in Höhe von 15 % gilt im Sozialpartnermodell ab der Einführung. Außerhalb des Sozialpartnermodells gilt er für alle neuen Umwandlungsvereinbarungen ab dem 1.1.2019; für bereits bestehende Umwandlungsvereinbarungen ab dem 1.1.2022.

Weitere Änderungen

Nach § 3 Nr. 63 Einkommensteuergesetz können bislang bis zu 4 % der Beitragsbemessungsgrenze (BBG) in der allgemeinen Rentenversicherung steuer- und sozialversicherungsfrei in die Betriebsrente eingezahlt werden. Für Neuzusagen nach dem 31.12.2004 kann ein zusätzlicher steuerfreier Höchstbetrag von 1.800 EUR gewährt werden.

Ab 2018 wird der Förderrahmen auf insgesamt 8 % der BBG ausgeweitet. Die ersten 4 % der BBG bleiben steuer- und sozialversicherungsfrei. Die zweiten 4 % der BBG hingegen sind nur steuerfrei.

Beachten Sie | Der steuerfreie Erhöhungsbetrag von 1.800 EUR entfällt. Die 20 %-ige Pauschalbesteuerungsmöglichkeit bleibt hingegen bestehen. Die tatsächlich pauschalbesteuerten Beträge im Kalenderjahr werden auf den neuen steuerfreien Dotierungsrahmen von 8 % der BBG angerechnet.

Neu ist der Förderbeitrag für Geringverdiener (Bruttoeinkommen bis zu 2.200 EUR monatlich). Zahlt der Arbeitgeber Beiträge von mindestens 240 EUR bis zu 480 EUR im Kalenderjahr, erhält er 30 % des Arbeitgeberbeitrags über eine Verrechnung mit der abzuführenden Lohnsteuer zurück.

Wer eine kleine Rente bezieht und daneben Grundsicherung, für den bleiben freiwillige Zusatzrenten künftig bis zu ca. 200 EUR anrechnungsfrei. Das gilt für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung sowie bei der ergänzenden Hilfe zum Lebensunterhalt in der Kriegsopferfürsorge.

Riestern Arbeitnehmer über die betriebliche Altersvorsorge, erfolgt ab 2018 in der Rentenphase keine Verbeitragung mehr. Insofern erfolgt eine Gleichstellung mit den privaten Riester-Verträgen. Zudem wird die jährliche Grundzulage von 154 EUR auf 175 EUR angehoben.

Quelle | Gesetz zur Stärkung der betrieblichen Altersversorgung und zur Änderung anderer Gesetze (Betriebsrentenstärkungsgesetz), BR-Drs. 447/17 (B) vom 7.7.2017; Die Bundesregierung vom 7.7.2017: „Bundesrat stimmt Riester und Co. zu: Betriebsrente wird attraktiver“

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Erbschaft- und Schenkungsteuer: Besteuerung der Abfindung für den Verzicht auf einen künftigen Pflichtteilsanspruch

| Verzichtet ein gesetzlicher Erbe gegen eine von seinen Geschwistern zu zahlende Abfindung auf seinen Pflichtteilsanspruch, ist danach zu unterscheiden, ob der Verzicht bereits zu Lebzeiten oder erst nach dem Tod des Erblassers vereinbart wird. Nach der geänderten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs unterliegt der Verzicht zwischen Geschwistern zu Lebzeiten des Erblassers nunmehr der Steuerklasse II. Die für den Steuerpflichtigen günstigere Steuerklasse I ist somit nur noch bei einem Verzicht nach dem Tod des Erblassers anzuwenden. |

Bislang stellte der Bundesfinanzhof für die Besteuerung der Abfindungen nicht auf das Verhältnis des Verzichtenden zum Zahlenden, sondern auf dasjenige zum künftigen Erblasser ab. Das Ziel, den gegen Abfindung vereinbarten Pflichtteilsverzicht sowohl vor als auch nach dem Eintritt des Erbfalls im Ergebnis gleich zu behandeln, kann aber insbesondere dann nicht erreicht werden, wenn der Verzicht gegenüber mehreren Personen erklärt wird und/oder Vorschenkungen des (künftigen) Erblassers an den Verzichtenden vorliegen.

Bei einem vor Eintritt des Erbfalls vereinbarten Pflichtteilsverzicht gegen Abfindung sind daher die erbschaftsteuerrechtlichen Vorschriften anwendbar, die im Verhältnis des Zahlungsempfängers zu den Zahlenden gelten.

Auswirkungen für die Praxis

Die geänderte Rechtsprechung führt bei Pflichtteilsverzichten zwischen Geschwistern gegen Abfindung, die noch zu Lebzeiten des Erblassers vereinbart werden, im Regelfall zu einer höheren Steuerbelastung als bei einer Vereinbarung nach dem Erbfall. Die Vereinbarung zu Lebzeiten begründet die Anwendung der Steuerklasse II (Freibetrag in Höhe von 20.000 EUR), die Vereinbarung nach dem Erbfall hingegen die Steuerklasse I (Freibetrag in Höhe von 400.000 EUR).

Beachten Sie | Verbleibt nach dem Abzug des Freibetrags ein steuerpflichtiger Erwerb von z. B. über 75.000 EUR bis zu 300.000 EUR, dann beträgt der Steuersatz bei der Steuerklasse II 20 %, bei der Steuerklasse I nur 11 %.

Quelle | BFH-Urteil vom 10.5.2017, Az. II R 25/15, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 195796

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Mehrere häusliche Arbeitszimmer: Höchstbetrag wird dennoch nur einmal gewährt

| Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sind mit maximal 1.250 EUR als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehbar, wenn dem Steuerpflichtigen für die Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Da es sich um einen personenbezogenen Höchstbetrag handelt, gilt die betragsmäßige Beschränkung auch dann, wenn der Steuerpflichtige im Veranlagungszeitraum nacheinander oder zeitgleich (in mehreren Wohnungen) zwei Arbeitszimmer genutzt hat. Dies hat aktuell der Bundesfinanzhof entschieden. |

Nutzung mehrerer Arbeitszimmer

Der Betriebsausgaben- oder Werbungskostenabzug ist zwar nicht auf den Abzug der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer beschränkt, wohl aber – unabhängig von der Anzahl der genutzten häuslichen Arbeitszimmer – auf den personenbezogenen Höchstbetrag von 1.250 EUR begrenzt.

Gemeinsame Nutzung eines Arbeitszimmers

Während der personenbezogene Höchstbetrag den Kostenabzug bei einem Steuerpflichtigen auf maximal 1.250 EUR begrenzt, können Steuerpflichtige, die ein Arbeitszimmer gemeinsam nutzen und die beide die Abzugsvoraussetzungen erfüllen, den Höchstbetrag im Ergebnis doppelt in Anspruch nehmen. Denn im vergangenen Jahr hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass der Höchstbetrag jedem Steuerpflichtigen zu gewähren ist, dem für seine Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, wenn er

  • in dem Arbeitszimmer über einen Arbeitsplatz verfügt und
  • die geltend gemachten Aufwendungen getragen hat.

Quelle | BFH-Urteil vom 9.5.2017, Az. VIII R 15/15, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 195255; BFH-Urteil vom 15.12.2016, Az. VI R 53/12; BFH-Urteil vom 15.12.2016, Az. VI R 86/13

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Erbschaft- und Schenkungsteuer: Pflegefreibetrag trotz Unterhaltspflicht zu gewähren

| Der Freibetrag für Pflegeleistungen steht einer pflegenden Person im Erbfall und bei Schenkungen auch dann zu, wenn sie gesetzlich zum Unterhalt verpflichtet ist. Dies hat der Bundesfinanzhof entgegen der Verwaltungsmeinung entschieden. |

Sachverhalt

Im Streitfall war die Tochter Miterbin ihrer Mutter. Diese war rund zehn Jahre vor ihrem Tod pflegebedürftig geworden (Pflegestufe III, monatliches Pflegegeld von bis zu 700 EUR). Die Tochter hatte ihre Mutter auf eigene Kosten gepflegt.

Das Finanzamt gewährte den Pflegefreibetrag nach § 13 Abs. 1 Nr. 9 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) in Höhe von 20.000 EUR nicht. Das Finanzgericht Niedersachsen und der Bundesfinanzhof sahen das jedoch anders.

Zum Hintergrund: § 13 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG befreit einen steuerpflichtigen Erwerb bis zu 20.000 EUR, der Personen anfällt, die den Erblasser oder Schenker unentgeltlich oder gegen unzureichendes Entgelt gepflegt haben.

Der Begriff „Pflege“ ist grundsätzlich weit auszulegen und erfasst die regelmäßige und dauerhafte Fürsorge für das körperliche, geistige oder seelische Wohlbefinden einer hilfsbedürftigen Person. Es ist nicht erforderlich, dass der Erblasser pflegebedürftig war.

Eine gesetzliche Unterhaltspflicht steht der Gewährung des Pflegefreibetrags nicht entgegen. Diese weite Auslegung entspricht dem Sinn und Zweck der Vorschrift, die ein freiwilliges Opfer der pflegenden Person honorieren soll.

Zudem wird der Intention des Gesetzgebers Rechnung getragen, die steuerliche Berücksichtigung von Pflegeleistungen zu verbessern. Da Pflegeleistungen üblicherweise innerhalb der Familie (insbesondere zwischen Kindern und Eltern) erbracht werden, liefe die Freibetragsregelung bei Ausschluss dieses Personenkreises nahezu leer.

PRAXISHINWEIS | Die Höhe des Freibetrags bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Vergütungssätze von Berufsträgern können als Vergleichsgröße herangezogen werden. Bei Erbringung langjähriger, intensiver und umfassender Pflegeleistungen kann der Freibetrag auch in voller Höhe zu gewähren sein, ohne dass es eines Einzelnachweises bedarf.

Quelle | BFH-Urteil vom 10.5.2017, Az. II R 37/15, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 194937

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Vermieter


Betrugsschaden kann als Werbungskosten abziehbar sein

| Wer einem betrügerischen Grundstücksmakler Bargeld in der Annahme übergibt, der Makler werde damit den Kaufpreis für ein bebautes Grundstück bezahlen, kann den Verlust als Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung abziehen. Dies setzt jedoch voraus, dass er bei Hingabe des Geldes zum Erwerb und zur Vermietung des Grundstücks entschlossen war, so der Bundesfinanzhof in einer aktuellen Entscheidung. |

Sachverhalt

Der Steuerpflichtige S wollte ein Villengrundstück erwerben und teilweise vermieten. Er vertraute dem Makler M den Kaufpreis in bar an, nachdem ihm dieser versichert hatte, das Geschäft bei Barzahlung zum Abschluss zu bringen. Tatsächlich verwendete M das Geld jedoch für sich. Den Betrugsschaden machte S als vorab entstandene Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend. Dies lehnten das Finanzamt und das Finanzgericht Hessen jedoch ab.

Der Bundesfinanzhof hingegen hat dem S im Grundsatz recht gegeben: Einzige Voraussetzung für die Anerkennung vorab entstandener (vergeblicher) Aufwendungen ist die Erwerbs- und Vermietungsabsicht – und daran bestanden hier keine Zweifel, denn S hatte das Grundstück später erworben und tatsächlich vermietet.

PRAXISHINWEISE | Gleichwohl hat der Bundesfinanzhof das Urteil an das Finanzgericht Hessen zurückverwiesen. Im zweiten Rechtsgang wird das Gericht nun beurteilen müssen, in welchem Zeitpunkt S davon ausgehen musste und durfte, dass er sein Geld von M nicht mehr zurückbekommen würde. Hierauf kommt es für die Abziehbarkeit als Werbungskosten entscheidend an.

Zudem sind ggf. Feststellungen zur Aufteilung des verlorenen Geldes erforderlich. Abziehbar sind die Aufwendungen nämlich nur, soweit sie auf den vermieteten Anteil des Gebäudes entfallen wären.

Quelle | BFH-Urteil vom 9.5.2017, Az. IX R 24/16, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 194764

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Kapitalanleger


Kontogebühren für Bauspardarlehen sind unzulässig

| Bereits 2011 hatte der Bundesgerichtshof entschieden, dass Kreditinstitute für Darlehen mit Verbrauchern keine Kontogebühr berechnen dürfen. Begründung: Sie führen das Konto vorwiegend im eigenen Interesse und erbringen somit keine Dienstleistung für den Kunden. Nun hat der Bundesgerichtshof nach einer Klage der Verbraucherzentrale NRW nachgelegt: Auch für Bausparverträge in der Darlehensphase dürfen keine Kontogebühren erhoben werden. |

Beachten Sie | Die aktuelle Entscheidung bezieht sich auf Bausparverträge in der Darlehensphase. Sie trifft also auf Verbraucher zu, die sich ihr Bauspardarlehen bereits haben auszahlen lassen. Ungeklärt ist, ob eine Kontogebühr in der Sparphase ebenfalls unzulässig ist.

Nach den Ausführungen der Verbraucherzentrale können Entgelte, die im Jahr 2014 oder später gezahlt wurden, wegen der dreijährigen Verjährungsfrist noch mindestens bis Ende 2017 zurückverlangt werden. Ob der Erstattungsanspruch bei früher gezahlten Entgelten bereits verjährt ist, ist bisher nicht entschieden.

Quelle | BGH-Urteil vom 9.5.2017, Az. XI ZR 308/15, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 193991; BGH-Urteil vom 7.6.2011, Az. XI ZR 388/10; Meldung der Verbraucherzentrale: „Kontogebühren für Bauspardarlehen sind unzulässig“, Stand 9.5.2017, unter www.verbraucherzentrale.de/bauspardarlehen-kontogebuehr

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Freiberufler und Gewerbetreibende


Ordnungsgemäße Kassenführung: Bundesrat stimmt Kassensicherungsverordnung zu

| Elektronische Aufzeichnungssysteme müssen ab dem 1.1.2020 grundsätzlich über eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung verfügen, die nach § 146a der Abgabenordnung (AO) aus drei Bestandteilen besteht: Einem Sicherheitsmodul, einem Speichermedium und einer digitalen Schnittstelle. Präzisiert werden die Anforderungen durch eine sogenannte Kassensicherungsverordnung, die am 7.7.2017 den Bundesrat passiert hat. |

Die Kassensicherungsverordnung legt u. a. fest, wie die digitalen Grundaufzeichnungen zu speichern sind und welche Anforderungen der auszustellende Beleg erfüllen muss. Geregelt ist auch, welche elektronischen Aufzeichnungssysteme über eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung verfügen müssen. Das sind: elektronische oder computergestützte Kassensysteme oder Registrierkassen einschließlich Tablet basierter Kassensysteme oder Softwarelösungen (z. B. Barverkaufsmodule).

Beachten Sie | Nicht zu den elektronischen Aufzeichnungssystemen im Sinne des § 146a Abs. 1 AO gehören u. a.: elektronische Buchhaltungsprogramme, Waren- und Dienstleistungsautomaten, Geldautomaten, Taxameter, Wegstreckenzähler sowie Geldspielgeräte.

Quelle | Verordnung zur Bestimmung der technischen Anforderungen an elektronische Aufzeichnungs- und Sicherungssysteme im Geschäftsverkehr (Kassensicherungsverordnung – KassenSichV), BR-Drs. 487/17 (B) vom 7.7.2017

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Elektronisch übermittelte Eingangsrechnungen: Informationen zum Kontierungsvermerk

| In der Praxis werden vermehrt elektronische Rechnungen verwandt. Aus diesem Grund hat das Bayerische Landesamt für Steuern dargestellt, welche Anforderungen an den Kontierungsvermerk auf elektronisch übermittelte Eingangsrechnungen zu stellen sind. |

Nach den GoBD (= Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff) muss der Originalzustand eines elektronischen Dokuments jederzeit lesbar gemacht werden können und damit prüfbar sein. Werden die Dokumente bearbeitet oder verändert (beispielsweise durch das Anbringen von Buchungsvermerken), ist dies zu protokollieren und mit dem Dokument abzuspeichern.

Beachten Sie | Aus der Verfahrensdokumentation muss ersichtlich sein, wie die elektronischen Belege erfasst, empfangen, verarbeitet, ausgegeben und aufbewahrt werden.

Zur Erfüllung der Belegfunktion sind Angaben zur Kontierung, zum Ordnungskriterium für die Ablage und zum Buchungsdatum zwingend erforderlich. Anders als beim Papierbeleg – bei dem diese Angaben auf dem Beleg angebracht werden müssen – können sie bei einem elektronischen Beleg dagegen auch durch die Verbindung mit einem Datensatz, mit den genannten Angaben zur Kontierung oder durch eine elektronische Verknüpfung (z. B. eindeutiger Index, Barcode) erfolgen.

Quelle | Bayerisches Landesamt für Steuern, Verfügung vom 20.1.2017, Az. S 0316.1.1-5/3 St42; GoBD: BMF-Schreiben vom 14.11.2014, Az. IV A 4 – S 0316/13/10003

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Umsatzsteuerzahler


Umsatzsteuerliche Behandlung der unentgeltlichen Wertabgabe von Sachspenden

| Die Oberfinanzdirektion Niedersachsen hat jüngst dazu Stellung bezogen, wie die umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage für Sachspenden zu ermitteln ist. |

Sachspenden unterliegen grundsätzlich der Umsatzsteuer. Die Umsatzbesteuerung dient der Kompensation des vorangegangenen Vorsteuerabzugs und verhindert einen systemwidrigen unversteuerten Letztverbrauch.

Beachten Sie | Die Bemessungsgrundlage einer Sachspende bestimmt sich nicht nach den ursprünglichen Anschaffungs- und Herstellungskosten, sondern nach dem fiktiven Einkaufspreis im Zeitpunkt der Spende. Das gilt auch für im Unternehmen selbst hergestellte Gegenstände.

Spendet ein Unternehmer Waren, die nicht mehr verkäuflich sind, wird der Wert regelmäßig gegen 0 EUR tendieren. Dies gilt z. B. für Lebensmittel, die kurz vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums stehen und Frischwaren, wie Obst und Gemüse mit Mängeln.

Beachten Sie | Auch bei Artikeln im Non-Food-Bereich kann sich eine Verkaufsunfähigkeit ergeben. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn die Waren wegen eines Verpackungsfehlers oder einer Falschetikettierung vernichtet werden müssten oder bei erheblichen Materialfehlern nur schwer zu verkaufen sind. Hier ist ein entsprechend geringer Marktpreis als Bemessungsgrundlage zugrunde zu legen, sodass entweder keine oder nur eine geringe Umsatzsteuer entsteht.

Quelle | OFD Niedersachsen, Verfügung vom 27.3.2017, Az. S 7109 – 31 – St 171

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Keine Umsatzsteuerpflicht für Fahrschulunterricht?

| Der Bundesfinanzhof zweifelt an der Umsatzsteuerpflicht für die Erteilung von Fahrunterricht zum Erwerb der Fahrerlaubnisklassen B („Pkw-Führerschein“) und C1. Er hat daher dem Europäischen Gerichtshof die Frage vorgelegt, ob Fahrschulen insoweit steuerfreie Leistungen erbringen. |

Gegenwärtig kommt eine Steuerfreiheit der Umsätze insoweit in Betracht, als Fahrschulen Lehrgänge zur Ausbildung für die Fahrerlaubnis der Klassen C, CE, D, DE, D1, D1E, T und L durchführen, da diese Leistungen aus Sicht der Finanzverwaltung in der Regel der Berufsausbildung dienen.

Im Streitfall ging es jedoch um die Erteilung von Fahrunterricht zum Erwerb der Fahrerlaubnisklassen B und C1 – und hier besteht nach deutschem Recht eine Umsatzsteuerpflicht. Fahrschulen sind insoweit keine allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtungen, wie es das Umsatzsteuergesetz für die Steuerfreiheit voraussetzt. Im Streitfall fehlte es zudem an der dort genannten berufs- oder prüfungsvorbereitenden Bescheinigung.

Mit dem Vorabentscheidungsersuchen des Bundesfinanzhofs soll geklärt werden, ob der Fahrschulunterricht zum Erwerb der Fahrerlaubnisklassen B und C1 aus Gründen des Unionsrechts steuerfrei ist. Bei der Umsatzsteuer hat der nationale Gesetzgeber nämlich die Bindungen der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie (MwStSystRL) zu beachten. Setzt das nationale Recht eine Steuerfreiheit der Richtlinie nur ungenügend um, besteht für den Steuerpflichtigen die Möglichkeit, sich auf die Richtlinie zu berufen.

Nach Artikel 132 MwStSystRL sind Umsätze steuerfrei, die durch „Erziehung von Kindern und Jugendlichen, Schul- und Hochschulunterricht, Aus- und Fortbildung sowie berufliche Umschulung und damit eng verbundene Dienstleistungen“ entstehen. Ebenfalls steuerfrei ist „von Privatlehrern erteilter Schul- und Hochschulunterricht“. Da die Auslegung der Richtlinie zweifelhaft ist, hat der Bundesfinanzhof dem Europäischen Gerichtshof nun diverse Fragen zur Umsatzsteuerpflicht für die Erteilung von Fahrschulunterricht vorgelegt.

PRAXISHINWEIS | Der Bundesfinanzhof weist darauf hin, dass die vom Europäischen Gerichtshof zu treffende Entscheidung von erheblicher Bedeutung für die Umsatzbesteuerung der über 10.000 Fahrschulen in Deutschland ist. Fahrschulen sollten Steuerfestsetzungen daher offenhalten.

Quelle | BFH, Beschluss vom 16.3.2017, Az. V R 38/16, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 195403; BFH, PM Nr. 49 vom 26.7.2017

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Arbeitgeber


Übungsleiterpauschale und Minijob: En-bloc-Anrechnung sollte vermieden werden

| Die Übungsleiterpauschale ist ebenso wie die Ehrenamtspauschale ein Jahresfreibetrag. Werden diese Pauschalen mit einem Minijob kombiniert, kann die Anrechnung in monatlichen Raten oder en bloc erfolgen. Beim zweiten Verfahren bleiben die monatlichen Vergütungen im ersten Teil des Jahres abgabenfrei, bis die Freibeträge ausgeschöpft sind. Das bleibt sich hinsichtlich der gezahlten Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge gleich. Für die Anrechnung des Minijobs auf die Rente hat es aber Folgen, wie ein Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen zeigt. |

Hintergrund

Greift für eine Beschäftigung die Übungsleiter- oder Ehrenamtspauschale, weil die Tätigkeit nebenberuflich ist, und ist die Vergütung höher als der Freibetrag, kann der Arbeitgeber den nicht befreiten Gehaltsteil als geringfügige Beschäftigung behandeln. Voraussetzung: Der nicht befreite Anteil des Gehalts ist nicht höher als 450 EUR pro Monat.

Beispiel

Die begünstigte Tätigkeit wird mit 400 EUR pro Monat vergütet. Wird der Übungsleiterfreibetrag (2.400 EUR) en bloc angerechnet, ergibt sich folgende Abrechnung: In den Monaten Januar bis Juni bleibt die Vergütung völlig beitragsfrei, weil sechs Mal 400 EUR durch die Übungsleiterpauschale gedeckt sind. In den Monaten Juli bis Dezember ergibt sich ein sozialversicherungspflichtiges Gehalt von jeweils 400 EUR, das im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung abgerechnet wird.

Folgen für den Rentenbezug

Übungsleiter- und Ehrenamtsfreibetrag gelten sozialversicherungsrechtlich nicht als Arbeitsentgelt. Werden die Freibeträge also en bloc genutzt, gilt der Beschäftigungszeitraum insoweit als beitragsfreie Zeit. Das hat das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen bestätigt.

PRAXISHINWEIS | Für die Nettovergütung und die Abgaben des Arbeitgebers hat das keine Folgen, wohl aber für die Rente des Arbeitnehmers. Ein Minijob hat – auch wenn der Minijobber keinen eigenen Rentenerhöhungsbeitrag leistet – Auswirkung auf die Rentenhöhe. Das gilt sowohl für die anrechenbaren Beitragszeiten als auch für den Rentenzuwachs. Bezogen auf die Altersversorgung ist also die monatliche Verrechnung der Freibeträge vorteilhaft. So entstehen für die Rentenversicherung keine beitragsfreien Zeiten.

Quelle | LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28.6.2016, Az. L 18 KN 95/15, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 190169

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Elektronisches Lohnkonto: Einheitlicher Standardsatz ab 1.1.2018 verbindlich

| Ab 1.1.2018 müssen Arbeitgeber die aufzuzeichnenden lohnsteuerrelevanten Daten der Finanzbehörde nach einer amtlich vorgeschriebenen einheitlichen digitalen Schnittstelle elektronisch bereitstellen (Digitale LohnSchnittstelle – DLS). Die in 2011 ausgesprochene bloße Empfehlung zur Anwendung der DLS ist damit überholt. |

Nur in begründeten Fällen können die lohnsteuerlichen Daten zur Vermeidung unbilliger Härten auch in einer anderen auswertbaren Form bereitgestellt werden.

Die amtlich vorgeschriebene DLS ist ein Standarddatensatz mit einer einheitlichen Strukturierung und Bezeichnung von elektronischen Dateien und Datenfeldern. Die jeweils aktuelle Version der DLS mit weitergehenden Informationen steht auf der Internetseite des Bundeszentralamts für Steuern unter www.bzst.bund.de zum Download bereit.

Quelle | BMF-Schreiben vom 26.5.2017, Az. IV C 5 – S 2386/07/0005: 001, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 194839

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Arbeitnehmer


Ende der doppelten Haushaltsführung: Vorfälligkeitsentschädigung nicht als Werbungskosten absetzbar

| Wenn Arbeitnehmer im Zuge einer doppelten Haushaltsführung eine Immobilie am Ort ihrer ersten Tätigkeitsstätte erwerben und fremdfinanzieren, sind die dafür zu entrichtenden Schuldzinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit dem Grunde nach abziehbar. Wird die Immobilie bei Beendigung der doppelten Haushaltsführung verkauft und ist eine Vorfälligkeitsentschädigung zu zahlen, ist diese nach einem Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz indes nicht als Werbungskosten absetzbar. |

Auslösendes Moment und somit der maßgebliche Bestimmungsgrund für die Vorfälligkeitsentschädigung ist die Veräußerung der Immobilie und die damit zusammenhängende Auflösung des Darlehensvertrags. Daher wird – so das Finanzgericht – die ursprüngliche berufliche Veranlassung überlagert von dem durch die Veräußerung ausgelösten Veranlagungszusammenhang.

Beachten Sie | Das Finanzgericht hat sich bei seiner Urteilsbegründung u. a. auf ein Urteil des Bundesfinanzhofs bezogen, das in der Literatur mitunter kritisch betrachtet wird. Danach kann ein Vermieter eine Vorfälligkeitsentschädigung nicht als Werbungskosten abziehen, wenn er seine Darlehensschuld vorzeitig ablöst, um sein bisher vermietetes Objekt lastenfrei übereignen zu können.

PRAXISHINWEIS | Gegen die Entscheidung des Finanzgerichts ist die Revision anhängig. Vorerst ist also abzuwarten, ob der Bundesfinanzhof seine zu den Vermietungseinkünften ergangene Rechtsprechung ggf. modifiziert. Bis zur Klärung sollten betroffene Steuerbescheide jedenfalls per Einspruch offengehalten werden.

Quelle | FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 23.11.2016, Az. 2 K 1701/14, Rev. BFH Az. VI R 15/17, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 194236; BFH-Urteil vom 11.2.2014, Az. IX R 42/13

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Abschließende Hinweise


Verzugszinsen

| Für die Berechnung der Verzugszinsen ist seit dem 1.1.2002 der Basiszinssatz nach § 247 BGB anzuwenden. Die Höhe wird jeweils zum 1.1. und 1.7. eines Jahres neu bestimmt. |

Der Basiszinssatz für die Zeit vom 1.7.2017 bis zum 31.12.2017 beträgt -0,88 Prozent.

Damit ergeben sich folgende Verzugszinsen:

  • für Verbraucher (§ 288 Abs. 1 BGB): 4,12 Prozent
  • für den unternehmerischen Geschäftsverkehr (§ 288 Abs. 2 BGB): 8,12 Prozent*

* für Schuldverhältnisse, die vor dem 29.7.2014 entstanden sind: 7,12 Prozent.

Die für die Berechnung der Verzugszinsen anzuwendenden Basiszinssätze betrugen in der Vergangenheit:

Berechnung der Verzugszinsen

Zeitraum

Zins

vom 1.1.2017 bis 30.6.2017

-0,88 Prozent

vom 1.7.2016 bis 31.12.2016

-0,88 Prozent

vom 1.1.2016 bis 30.6.2016

-0,83 Prozent

vom 1.7.2015 bis 31.12.2015

-0,83 Prozent

vom 1.1.2015 bis 30.6.2015

-0,83 Prozent

vom 1.7.2014 bis 31.12.2014

-0,73 Prozent

vom 1.1.2014 bis 30.6.2014

-0,63 Prozent

vom 1.7.2013 bis 31.12.2013

-0,38 Prozent

vom 1.1.2013 bis 30.6.2013

-0,13 Prozent

vom 1.7.2012 bis 31.12.2012

0,12 Prozent

vom 1.1.2012 bis 30.6.2012

0,12 Prozent

vom 1.7.2011 bis 31.12.2011

0,37 Prozent

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Steuern und Beiträge Sozialversicherung: Fälligkeitstermine in 09/2017

| Im Monat September 2017 sollten Sie insbesondere folgende Fälligkeitstermine beachten: |

Steuertermine (Fälligkeit):

  • Umsatzsteuer (Monatszahler): 11.9.2017
  • Lohnsteuer (Monatszahler): 11.9.2017
  • Einkommensteuer (vierteljährlich): 11.9.2017
  • Kirchensteuer (vierteljährlich): 11.9.2017
  • Körperschaftsteuer (vierteljährlich): 11.9.2017

Bei einer Scheckzahlung muss der Scheck dem Finanzamt spätestens drei Tage vor dem Fälligkeitstermin vorliegen.

Beachten Sie | Die für alle Steuern geltende dreitägige Zahlungsschonfrist bei einer verspäteten Zahlung durch Überweisung endet am 14.9.2017. Es wird an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, dass diese Zahlungsschonfrist ausdrücklich nicht für Zahlung per Scheck gilt.

Beiträge Sozialversicherung (Fälligkeit):

Sozialversicherungsbeiträge sind spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des laufenden Monats fällig, für den Beitragsmonat September 2017 am 27.9.2017.

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Aktuelles Steuerrecht 8/2017

 

Inhaltsverzeichnis der Ausgabe 08/2017:

Alle Steuerzahler

Kapitalanleger

Freiberufler und Gewerbetreibende

Personengesellschaften und deren Gesellschafter

Umsatzsteuerzahler

Arbeitnehmer

Abschließende Hinweise

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Alle Steuerzahler


Häusliches Arbeitszimmer: Die Erforderlichkeit ist keine Abzugsvoraussetzung

| Ein häusliches Arbeitszimmer setzt zwar voraus, dass der jeweilige Raum nahezu ausschließlich für betriebliche/berufliche Zwecke genutzt wird. Unerheblich ist aber, ob ein Arbeitszimmer für die Tätigkeit auch erforderlich ist. Nach einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs genügt für die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen die Veranlassung durch die Einkünfteerzielung. |

Sachverhalt

Ein Ruheständler erzielte neben seinen Versorgungsbezügen Beteiligungseinkünfte, Vermietungseinkünfte und Einkünfte aus Kapitalvermögen. Die Kosten seines Arbeitszimmers machte er als Werbungskosten bei den Vermietungseinkünften geltend, was sowohl das Finanzamt als auch das Finanzgericht Nürnberg ablehnten. Begründung: Das Arbeitszimmer ist für die Tätigkeit (Vermietung von drei Wohnungen, von denen eine auch noch von einer Hausverwaltung betreut wird) nicht notwendig.

Das sieht der Bundesfinanzhof allerdings anders: Die Erforderlichkeit ist kein Merkmal des Abzugstatbestands. Der Gesetzgeber typisiert die Abzugsvoraussetzungen für ein häusliches Arbeitszimmer, indem er die Abzugsmöglichkeit auf die zwei im Gesetz genannten Fallgruppen (kein anderer Arbeitsplatz, Mittelpunkt der gesamten Betätigung) begrenzt.

Beachten Sie | Allerdings war die Sache nicht spruchreif, denn es fehlten Feststellungen zur privaten (Mit-)Nutzung des Arbeitszimmers. Sollte ein nicht unerheblicher Anteil der Nutzung auf die Verwaltung der eigengenutzten Immobilie oder für andere private Tätigkeiten (z. B. Aufbewahrung privater Unterlagen) entfallen, würde ein Abzug der Aufwendungen ausscheiden.

Kommt das Finanzgericht im zweiten Rechtsgang zu dem Schluss, dass es sich um ein berücksichtigungsfähiges Arbeitszimmer handelt und liegt der Mittelpunkt der steuerbaren Betätigungen nicht im Arbeitszimmer, können die Aufwendungen bis zu 1.250 EUR abgezogen werden, wenn für einzelne Tätigkeiten kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Dabei sind die Aufwendungen für das Arbeitszimmer entsprechend dem Nutzungsumfang den darin ausgeübten Tätigkeiten zuzuordnen und ggf. im Schätzungsweg aufzuteilen.

PRAXISHINWEIS | Die Abzugsmöglichkeit oder -begrenzung ist für jede Tätigkeit selbstständig zu prüfen. Ist der Kostenabzug für eine oder mehrere Tätigkeiten möglich, kann der Steuerpflichtige diese anteilig insgesamt bis zum Höchstbetrag abziehen.

Quelle | BFH-Urteil vom 8.3.2017, Az. IX R 52/14, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 194355

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Schenkungsteuer: Gilt die günstige Steuerklasse I auch bei Schenkung des biologischen Vaters?

| Bei einer Geldschenkung des leiblichen (biologischen) Vaters an seine Tochter gilt bei der Schenkungsteuer die günstige Steuerklasse I mit dem persönlichen Freibetrag von 400.000 EUR auch dann, wenn der biologische Vater nicht gleichzeitig auch der rechtliche Vater ist. Diese Auffassung des Finanzgerichts Hessen muss der Bundesfinanzhof in der Revision aber noch bestätigen. |

Im Streitfall berücksichtigte das Finanzamt bei der Festsetzung der Schenkungsteuer lediglich die Steuerklasse III (Freibetrag in Höhe von 20.000 EUR). Begründung: Die Anwendung der Steuerklasse I sei nicht möglich, da eine rechtliche Vaterschaft zu einer anderen Person bestehe, die die rechtliche Anerkennung der Vaterschaft des biologischen Vaters ausschließe. Das Finanzgericht Hessen sah das aber im Sinne des Steuerpflichtigen anders.

Quelle | FG Hessen, Urteil vom 15.12.2016, Az. 1 K 1507/16, Rev. BFH Az. II R 5/17, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 192738

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Gesetzgebung: Zwei Steuergesetze mit Breitenwirkung verkündet

| Rund zwei Monate vor der Bundestagswahl ist der Steuergesetzgeber noch einmal aktiv geworden und hat zwei interessante Gesetze verabschiedet. Wichtige Aspekte werden vorgestellt. |

Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz

Durch das Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz soll der Steuerbetrug über Briefkastenfirmen bekämpft werden. Danach haben Steuerpflichtige Beziehungen zu Gesellschaften im Nicht-EU-Ausland anzuzeigen. Auch Finanzinstitute können ggf. verpflichtet sein, den Finanzbehörden Geschäftsbeziehungen zu Drittstaat-Gesellschaften mitzuteilen. Bei einem Verstoß drohen Bußgelder.

Beachten Sie | Bei der Aufklärung von steuerlichen Sachverhalten unterliegen Kreditinstitute keiner Verschwiegenheitspflicht mehr. Zudem erhält die Finanzverwaltung erweiterte Möglichkeiten im Kontenabrufverfahren.

Rückwirkende Kindergeldzahlungen

Um Missbräuche beim Kindergeld zu bekämpfen, wird Kindergeld (abweichend von der regulären Festsetzungsfrist von vier Jahren) nur noch für sechs Monate rückwirkend gezahlt.

Steuerklassen bei Ehegatten

Bei Eheschließung werden beide Ehegatten künftig automatisch in die Steuerklasse IV eingestuft – und zwar auch dann, wenn nur einer der Ehegatten ein Gehalt bezieht. Ein Steuerklassenwechsel ist aber selbstverständlich möglich.

Beachten Sie | Ferner ist der Wechsel von der Steuerklasse III oder V in die Steuerklasse IV auch auf Antrag nur eines Ehegatten möglich. Dies hat dann zur Folge, dass beide Ehegatten in die Steuerklasse IV eingruppiert werden.

Inkrafttreten: Die Maßnahmen zur Bekämpfung der Briefkastenfirmen sind am 25.6.2017 in Kraft getreten. Die Änderungen beim Kindergeld und bei den Steuerklassen bei Ehegatten werden hingegen erst zum 1.1.2018 wirksam.

Gesetz gegen schädliche Steuerpraktiken

Mit dem „Gesetz gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen“ wird die Abzugsmöglichkeit für Lizenzaufwendungen und andere Aufwendungen für Rechteüberlassungen, die beim Empfänger wegen eines als schädlich einzustufenden Präferenzregimes nicht oder nur niedrig besteuert werden, eingeschränkt.

Zudem sind vor allem folgende Neuregelungen zu nennen:

Geringwertige Wirtschaftsgüter

Durch das Zweite Bürokratieentlastungsgesetz und das aktuelle Gesetz wurden die Netto-Grenzen bei geringwertigen Wirtschaftsgütern (= abnutzbare, bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die selbstständig nutzungsfähig sind) angehoben:

  • Die eigentliche Grenze für geringwertige Wirtschaftsgüter wurde von 410 EUR auf 800 EUR erhöht.
  • Werden geringwertige Wirtschaftsgüter sofort als Betriebsausgaben abgezogen, gelten besondere Aufzeichnungspflichten, wenn eine Grenze (bisher: 150 EUR, neu: 250 EUR) überschritten wird.
  • Alternativ zum Sofortabzug können geringwertige Wirtschaftsgüter in einen Sammelposten eingestellt und dann über fünf Jahre abgeschrieben werden (Poolabschreibung). Die Wertuntergrenze wurde von 150 EUR auf 250 EUR angehoben. Die Obergrenze von 1.000 EUR bleibt bestehen.

Beachten Sie | Die neuen Grenzen gelten für geringwertige Wirtschaftsgüter, die nach dem 31.12.2017 angeschafft, hergestellt oder in das Betriebsvermögen eingelegt werden.

MERKE | Zusammengefasst ergeben sich folgende Möglichkeiten:

  • Grundsatz: Abschreibung über betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer
  • bis 250 EUR: Sofortabzug ohne besondere Aufzeichnungspflicht (Wahlrecht)
  • ab 250,01 EUR bis 800 EUR: Sofortabzug oder Poolabschreibung (Wahlrecht)
  • ab 800,01 EUR bis 1.000 EUR: Poolabschreibung (Wahlrecht)

Soll ein Sammelposten gebildet werden, sind hierin alle in einem Wirtschaftsjahr angeschafften, hergestellten oder eingelegten Wirtschaftsgüter mit Aufwendungen von 250,01 EUR bis 1.000 EUR zu erfassen.

Sanierungserträge

Verzichten Gläubiger auf Forderungen gegenüber einem sanierungsbedürftigen Unternehmen, ist dieser Betrag erfolgswirksam auszubuchen. Fraglich ist, wie dieser Teil steuerrechtlich zu behandeln ist. Denn der Bundesfinanzhof hat die im Sanierungserlass des Bundesfinanzministeriums vorgesehene Steuerbegünstigung verworfen, da sie gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verstößt.

Mit Schreiben vom 27.4.2017 hat die Verwaltung hierauf reagiert und Übergangsregeln erlassen. Danach gilt u. a. Folgendes: Wurde der Forderungsverzicht der Gläubiger bis zum 8.2.2017 (an diesem Tag wurde die Entscheidung des Bundesfinanzhofs veröffentlicht) endgültig vollzogen, sind die Regelungen weiter anwendbar.

Nunmehr hat auch der Gesetzgeber reagiert und die Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen unter bestimmten Voraussetzungen auf eine gesetzliche Grundlage gestellt. Die Regelung gilt für alle Fälle, die nach dem 8.2.2017 verwirklicht werden.

Beachten Sie | Die gesetzliche Neuregelung zu den Sanierungserträgen kann aber erst dann in Kraft treten, wenn die Europäische Kommission die Vereinbarkeit mit dem europäischen Beihilferecht bestätigt hat. Die weitere Entwicklung bleibt somit abzuwarten.

Quelle | Gesetz zur Bekämpfung der Steuerumgehung und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz) vom 23.6.2017, BGBl I 2017, S. 1682 (siehe auch PlenumKOMPAKT des Bundesrates vom 2.6.2017 zu ausgewählten Tagesordnungspunkten); Gesetz gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen vom 27.6.2017, BGBl I 2017, S. 2074; BMF-Schreiben vom 27.4.2017, Az. IV C 6 – S 2140/13/10003

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Kapitalanleger


Teilentgeltliche Übertragung eines Grundstücks: Führt die Kaufpreisstundung zu Zinseinnahmen?

| Wird ein im Privatvermögen gehaltenes Grundstück gegen langfristig gestundete Kaufpreisraten an einen erbberechtigten Angehörigen veräußert, ist der in den Raten rechnerisch enthaltene Zinsanteil als Kapitalertrag zu versteuern. Dies gilt auch dann, wenn der vereinbarte Kaufpreis unter dem Verkehrswert liegt. Diese Auffassung vertritt der 11. Senat des Finanzgerichts Düsseldorf. Die Richter des 7. Senats sehen das jedoch anders. |

Sachverhalt

Eheleute veräußerten ein Einfamilienhaus an ihren Sohn und dessen Ehefrau. Als Gegenleistung wurde eine – bei Änderung des Preisindexes für Lebenshaltung gegebenenfalls anzupassende – monatliche Rente in Höhe von 1.000 EUR für die Dauer von 31 Jahren (insgesamt 372.000 EUR) vereinbart. Der Verkehrswert des Grundstücks betrug 393.000 EUR. Für 2013 setzte das Finanzamt einen in den Kaufpreisraten enthaltenen steuerbaren Zinsanteil an. Nach erfolglosem Einspruch wandten sich die Steuerpflichtigen an das Finanzgericht Düsseldorf.

Beachten Sie | Ob wegen der unverzinslich gestundeten Kaufpreisforderung ein Zinsvorteil zu versteuern ist, war bereits im Veranlagungszeitraum 2012 zwischen den Beteiligten Gegenstand einer gerichtlichen Auseinandersetzung. Der 7. Senat des Finanzgerichts Düsseldorf gab der Klage der Eheleute statt, da die Kaufpreisraten bei wirtschaftlicher Betrachtung keine Gegenleistung für die ratierliche Zahlung beinhalteten. Die hiergegen eingelegte Revision verwarf der Bundesfinanzhof mangels fristgerechter Revisionsbegründung als unzulässig.

In der aktuellen Entscheidung hat der 11. Senat des Finanzgerichts Düsseldorf die Auffassung des 7. Senats nicht bestätigt – und zwar aus folgenden Gründen:

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs enthält jede Kaufpreisforderung, die über mehr als ein Jahr gestundet wird, einen Zinsanteil. Bleibt der wirtschaftliche Wert der Gegenleistung hinter dem Verkehrswert des übertragenen Gegenstandes zurück, dann spricht eine Vermutung dafür, den Vorgang in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen. Der entgeltliche Anteil der Übertragung bestimmt sich nach der Höhe des Entgelts in Relation zu dem Verkehrswert des übertragenen Gegenstandes. Bei gestundeten Forderungen ist nicht der Nennwert, sondern nur der abgezinste Barwert maßgeblich. Nur in dieser Höhe können dem Erwerber auch spiegelbildlich Anschaffungskosten entstehen.

PRAXISHINWEIS | Soweit ersichtlich hat der Bundesfinanzhof bisher noch nicht entschieden, ob die Grundsätze zur Versteuerung eines Zinsanteils bei gestundeten Forderungen auch bei teilentgeltlichen Geschäften gelten. Der Ausgang des Revisionsverfahrens darf also mit Spannung erwartet werden.

Quelle | FG Düsseldorf, Urteil vom 6.2.2017, Az. 11 K 3064/15 E, Rev. BFH Az. VIII R 3/17, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 193217; FG Düsseldorf, Urteil vom 22.10.2014, Az. 7 K 451/14 E; BFH, Beschluss vom 31.5.2005, Az. VIII B 67/96

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Freiberufler und Gewerbetreibende


Betriebliche Nutzung der Ehegattenimmobilie: Zahlungen von einem Oder-Konto vermeiden

| Die steuerliche Berücksichtigung der Aufwendungen eines vom Nichteigentümer-Ehegatten betrieblich genutzten Gebäudeteils setzt voraus, dass dieser die Anschaffungskosten getragen hat. Fehlen besondere Vereinbarungen, gelten Zahlungen von einem Gemeinschaftskonto der Ehegatten jeweils für Rechnung desjenigen als geleistet, der den Betrag schuldet. Dabei ist es nach Ansicht des Bundesfinanzhofs irrelevant, aus wessen Mitteln das Guthaben auf dem Konto stammt. |

Beispiel

Ein Ehemann nutzt eine im Alleineigentum seiner Ehefrau stehende Immobilie unentgeltlich für eigenbetriebliche Zwecke. Das zur Immobilienfinanzierung aufgenommene Darlehen hat die Ehefrau in eigenem Namen abgeschlossen.

Die Zins- und Tilgungsleistungen erfolgen von einem Oder-Konto der Eheleute (Gemeinschaftskonto mit Einzelverfügungsbefugnis). Zahlungen auf dieses Konto erfolgen im Wesentlichen aus den Einnahmen des Ehemanns aus seiner selbstständigen Arbeit.

In einem solchen Fall kann der Ehemann die für das Darlehen gezahlten Schuldzinsen sowie die Gebäudeabschreibung nicht als Betriebsausgaben abziehen. Denn nach der Entscheidung des Bundesfinanzhofs ist Voraussetzung, dass der Unternehmer-Ehegatte die Aufwendungen persönlich getragen hat – und das ist bei einem Oder-Konto grundsätzlich derjenige, der den Betrag schuldet.

Beachten Sie | Ob es sich um ein betriebliches oder ein privates Konto handelt, ist hier regelmäßig unbeachtlich.

Auch die Drittaufwands-Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs hilft hier nicht weiter. Denn die Ehefrau hat keine Schuld des Ehemanns, sondern ihre eigenen Verbindlichkeiten aus dem Darlehen getilgt. Da die Ehefrau die Aufwendungen für eigene Rechnung getätigt hat, können dem Ehemann die Anschaffungskosten auch nicht im Wege des abgekürzten Vertragswegs zugerechnet werden.

Quelle | BFH-Urteil vom 21.2.2017, Az. VIII R 10/14, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 194360

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Abzugsverbot für pauschale Einkommensteuer auf Geschenke an Geschäftsfreunde

| Die Einkommensteuer für Geschenke an Geschäftsfreunde können Unternehmen mit einem Steuersatz von pauschal 30 % (zuzüglich Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer) für den Zuwendungsempfänger übernehmen. Dabei ist das Unternehmen nicht zum Betriebsausgabenabzug berechtigt, wenn die Zuwendung zusammen mit der pauschalen Steuer 35 EUR übersteigt. Durch diese Entscheidung hat der Bundesfinanzhof die Sichtweise der Finanzverwaltung im Kern bestätigt und die Attraktivität dieses Wahlrechts (weiter) eingeschränkt. |

Aufwendungen für Geschenke an Geschäftsfreunde sind nur als Betriebsausgabe abziehbar, wenn die Kosten pro Empfänger und Wirtschaftsjahr 35 EUR nicht übersteigen. Die für den Zuwendungsempfänger übernommene Pauschalsteuer hat der Bundesfinanzhof nun als weiteres Geschenk beurteilt mit der Folge, dass diese das steuerliche Schicksal der Zuwendung teilt.

MERKE | Das Abzugsverbot gilt auch dann, wenn die Grenze von 35 EUR erst wegen der Höhe der Pauschalsteuer überschritten wird.

Quelle | BFH-Urteil vom 30.3.2017, Az. IV R 13/14, www.iww.de, Abruf-Nr. 194363; BMF-Schreiben vom 19.5.2015, Az. IV C 6 – S 2297-b/14/10001, Rz. 26

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Künftige Zusatzbeiträge zur Handwerkskammer berechtigen nicht zur Rückstellung

| Ein Handwerksbetrieb kann keine Rückstellung für künftig zu erwartende Zusatzbeiträge zur Handwerkskammer bilden. Dies gilt nach einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs auch dann, wenn diese in der Vergangenheit jeweils nach dem Gewerbeertrag bereits abgelaufener Wirtschaftsjahre berechnet wurden und eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass die Zusatzbeiträge auch künftig in der geltend gemachten Höhe entstehen. |

Sachverhalt

Ein Einzelunternehmer war Mitglied einer Handwerkskammer, die nach ihrer Beitragsordnung einen Grund- und einen Zusatzbeitrag erhebt. Bemessungsgrundlage des Zusatzbeitrags war in der Vergangenheit jeweils der Gewerbeertrag des drei Jahre vor dem Beitragsjahr liegenden Steuerjahres. In der Bilanz zum 31.12.2009 passivierte der Handwerksbetrieb seine zu erwartenden Zusatzbeiträge für die Jahre 2010, 2011 und 2012 aufgrund seiner Gewerbeerträge der Jahre 2007, 2008 und 2009 als sonstige Rückstellungen. Das Finanzgericht Thüringen erkannte die Rückstellungen an, der Bundesfinanzhof jedoch nicht.

Rückstellungen für Verpflichtungen aus öffentlichem Recht können nur dann gebildet werden, wenn die Verpflichtungen bereits konkretisiert sind. Der rechtliche und wirtschaftliche Bezugspunkt der Verpflichtung muss in der Vergangenheit liegen. Die Verbindlichkeit muss nicht nur an Vergangenes anknüpfen, sondern auch Vergangenes abgelten.

Zudem ist zu beachten, dass die Beitragspflicht an die Kammerzugehörigkeit im Beitragsjahr geknüpft ist. Das bedeutet, dass die Verpflichtung rechtlich nicht vor dem Zeitraum entstehen kann, auf den sich die Beitragspflicht bezieht. Somit waren die Beitragspflichten für die Jahre 2010, 2011 und 2012 zum Bilanzstichtag 2009 rechtlich noch nicht entstanden.

Quelle | BFH-Urteil vom 5.4.2017, Az. X R 30/15, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 194616

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Personengesellschaften und deren Gesellschafter


Bundesfinanzhof erleichtert gewinnneutrales Ausscheiden aus Mitunternehmerschaften

| Erst Ende 2016 hatte die Finanzverwaltung den mehr als zehn Jahre alten Realteilungserlass in einigen Punkten angepasst. Und nun besteht schon wieder Aktualisierungsbedarf. Denn der Bundesfinanzhof hat – entgegen der Verwaltungsmeinung – entschieden, dass eine gewinnneutrale Realteilung auch dann möglich ist, wenn ein Mitunternehmer aus der Mitunternehmerschaft gegen Sachwertabfindung ausscheidet und diese Abfindung in der Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter besteht. |

Zum Hintergrund

Wird eine Gesellschaft aufgelöst, führt diese Betriebsaufgabe für die Gesellschafter grundsätzlich zu einer Gewinnrealisation. Dies kann aber durch eine sogenannte Realteilung verhindert werden, wenn die Gesellschafter das Betriebsvermögen der Gesellschaft unter sich aufteilen und es bei ihnen Betriebsvermögen bleibt.

Bereits in 2015 hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass eine Realteilung nicht zwingend die Beendigung der Gesellschaft voraussetzt. Denn die Realteilung bezweckt, wirtschaftlich sinnvolle Umstrukturierungsvorgänge steuerlich nicht zu belasten, wenn die Besteuerung stiller Reserven sichergestellt ist. Dies trifft nicht nur auf die Auflösung einer Gesellschaft, sondern auch auf das Ausscheiden eines Gesellschafters zu.

Entschieden hatte der Bundesfinanzhof aber nur zum Ausscheiden gegen eine aus einem Teilbetrieb bestehende Abfindung. Dabei ließ er ausdrücklich offen, ob die von ihm entwickelten Grundsätze auch auf das Ausscheiden gegen Mitnahme von Einzelwirtschaftsgütern zu übertragen sind.

Fortführung der Rechtsprechung

Nunmehr hat der Bundesfinanzhof nachgelegt: Eine gewinnneutrale Realteilung liegt in allen Fällen der Sachwertabfindung eines ausscheidenden Gesellschafters vor, wenn er die erhaltenen Wirtschaftsgüter weiter als Betriebsvermögen verwendet. So wird eine Buchwertfortführung auch dann ermöglicht, wenn der ausscheidende Gesellschafter lediglich Einzelwirtschaftsgüter ohne Teilbetriebseigenschaft erhält.

Beachten Sie | Damit wendet sich der Bundesfinanzhof ausdrücklich gegen die Auffassung der Finanzverwaltung, die von einer Versteuerung nur dann absehen will, wenn der ausscheidende Gesellschafter einen Teilbetrieb oder einen Mitunternehmeranteil erhält.

Kurzum: Gesellschafter können somit künftig weitergehend als bisher aus ihren Personengesellschaften gewinnneutral und damit ohne Aufdeckung stiller Reserven ausscheiden. Es bleibt zu hoffen, dass die Finanzverwaltung ihr Schreiben aus 2016 zeitnah anpasst.

Quelle | BFH-Urteil vom 16.3.2017, Az. IV R 31/14, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 194619; BFH-Urteil vom 30.3.2017, Az. IV R 11/15, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 194623; BFH-Urteil vom 17.9.2015, Az. III R 49/13; BMF-Schreiben vom 20.12.2016, Az. IV C 6-S 2242/07/10002:004

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Umsatzsteuerzahler


Zweites Bürokratieentlastungsgesetz: Obacht bei der Vernichtung der Lieferscheine

| Nach der Verkündung des Zweiten Bürokratieentlastungsgesetzes im Bundesgesetzblatt sind Lieferscheine nicht mehr aufbewahrungspflichtig, wenn sie keine Buchungsbelege sind. Bei empfangenen (abgesandten) Lieferscheinen endet die Aufbewahrungsfrist mit dem Erhalt (mit dem Versand) der Rechnung. Dies gilt erstmals für Lieferscheine, deren Aufbewahrungsfrist in der bis zum 31.12.2016 geltenden Fassung der Abgabenordnung noch nicht abgelaufen ist. Bei dieser Bürokratieabbaumaßnahme muss jedoch auch die Umsatzsteuer beachtet werden, wonach sich eine Aufbewahrungspflicht ergeben kann. |

Handelt es sich um keine Kleinbetragsrechnung (250 EUR-Grenze), muss die Rechnung zahlreiche Angaben enthalten, um zum Vorsteuerabzug zu berechtigen. Eine Rechnung kann indes auch aus mehreren Dokumenten bestehen. In einem dieser Dokumente sind das Entgelt und der Steuerbetrag jeweils zusammengefasst anzugeben und alle anderen Dokumente zu bezeichnen, aus denen sich die übrigen Angaben ergeben.

Nimmt die Rechnung nun auf den Lieferschein Bezug (z. B. hinsichtlich des Liefer- oder Leistungszeitpunkts), wird der Lieferschein zum umsatzsteuerlichen Rechnungsbestandteil und darf demzufolge auch künftig nicht vorzeitig vernichtet werden.

Quelle | Zweites Gesetz zur Entlastung insbesondere der mittelständischen Wirtschaft von Bürokratie (Zweites Bürokratieentlastungsgesetz) vom 30.6.2017, BGBl I 2017, S. 2143

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Arbeitnehmer


Haben Streifenpolizisten eine erste Tätigkeitsstätte?

| Durch die Reisekostenreform wurde der Begriff der „regelmäßigen Arbeitsstätte“ mit Wirkung zum 1.1.2014 durch die „erste Tätigkeitsstätte“ ersetzt. Durch die Neuregelung ist die gefestigte Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs somit oft nicht mehr anwendbar. Doch inzwischen liegen für einige Berufsgruppen erste finanzgerichtliche Entscheidungen vor – u. a. auch für Polizeibeamte im Streifendienst. |

Hintergrund: Für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte gilt die Entfernungspauschale (0,30 EUR für die einfache Strecke). Handelt es sich demgegenüber um eine Auswärtstätigkeit, sind 0,30 EUR pro gefahrenen Kilometer als Werbungskosten abzugsfähig.

Rechtsprechung zur regelmäßigen Arbeitsstätte

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs war für die Frage, ob eine regelmäßige Arbeitsstätte nach altem Recht vorlag, entscheidend, wo sich der nach qualitativen Merkmalen zu bestimmende Schwerpunkt der Tätigkeit des Arbeitnehmers befand. Danach waren Polizeibeamte im Streifendienst grundsätzlich nicht an einer regelmäßigen Arbeitsstätte tätig, denn sie verbrachten den überwiegenden Teil der Arbeitszeit im Streifenwagen.

Rechtsprechung zur ersten Tätigkeitsstätte

Mit der Einführung des neuen Begriffs der ersten Tätigkeitsstätte gelten jetzt völlig neue Beurteilungskriterien (dauerhafte Zuordnung zur betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers, arbeitsrechtliche Festlegung etc.), die das Finanzgericht Niedersachsen bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen hatte. Danach begründet die unbefristete Zuordnung eines Polizeibeamten im Streifendienst zu seiner Dienststelle und die dortige Vornahme von Hilfs- und/oder Nebentätigkeiten eine erste Tätigkeitsstätte. Sucht der Polizeibeamte das Polizeirevier arbeitstäglich auf und verrichtet er im Polizeirevier auch den Streifendienst vorbereitende bzw. ergänzende Tätigkeiten (beispielsweise Einsatzbesprechungen und Schreibarbeiten), sind diese Neben- bzw. Hilfstätigkeiten ausreichend, damit die Dienststelle zur ersten Tätigkeitsstätte wird.

Nach diesen Grundsätzen stand dem klagenden Polizeibeamten für Fahrten zwischen Wohnort und erster Tätigkeitsstätte nur die Entfernungspauschale zu.

Beachten Sie | Im Revisionsverfahren wird zu klären sein, ob sich durch die gesetzliche Neuregelung für Polizisten im Streifendienst etwas grundlegend geändert hat. Man darf gespannt sein, ob der Bundesfinanzhof die Ansicht des Finanzgerichts Niedersachsen zum neuen Recht teilen wird.

Quelle | Erste Tätigkeitsstätte: FG Niedersachsen, Urteil vom 24.4.2017, Az. 2 K 168/16, Rev. BFH Az. VI R 27/17, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 193890; Regelmäßige Arbeitsstätte: BFH-Urteil vom 9.11.2015, Az. VI R 8/15

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Abschließende Hinweise


Steuern und Beiträge Sozialversicherung: Fälligkeitstermine in 08/2017

| Im Monat August 2017 sollten Sie insbesondere folgende Fälligkeitstermine beachten: |

Steuertermine (Fälligkeit):

  • Umsatz- und Lohnsteuerzahler (Monatszahler): 10.8.2017
  • Gewerbe- und Grundsteuerzahler: 15.8.2017 (bzw. 16.8.2017*)

Bei einer Scheckzahlung muss der Scheck dem Finanzamt spätestens drei Tage vor dem Fälligkeitstermin vorliegen.

Hinweis | Bei der Grundsteuer kann die Gemeinde abweichend von dem vierteljährlichen Zahlungsgrundsatz verlangen, dass Beträge bis 15 EUR auf einmal grundsätzlich am 15.8. und Beträge bis einschließlich 30 EUR je zur Hälfte am 15.2. und am 15.8. zu zahlen sind. Auf Antrag kann die Grundsteuer auch am 1.7. in einem Jahresbetrag entrichtet werden. Der Antrag ist bis zum 30.9. des vorangehenden Jahres zu stellen.

Beachten Sie | Die für alle Steuern geltende dreitägige Zahlungsschonfrist bei einer verspäteten Zahlung durch Überweisung endet am 14.8.2017 für die Umsatz- und Lohnsteuerzahlung und am 18.8.2017 (bzw. 21.8.2017*) für die Gewerbe- und Grundsteuerzahlung. Diese Zahlungsschonfrist gilt nicht für Zahlung per Scheck.

* In Bayern (bei Gemeinden mit überwiegend katholischer Bevölkerung) und im Saarland ist der 15.8.2017 ein Feiertag. Somit verschieben sich hier die Fälligkeit und die Zahlungsschonfrist auf den in den Klammern angegebenen Tag.

Beiträge Sozialversicherung (Fälligkeit):

Sozialversicherungsbeiträge sind spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des laufenden Monats fällig, für den Beitragsmonat August 2017 am 29.8.2017.

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Verzugszinsen

| Für die Berechnung der Verzugszinsen ist seit dem 1.1.2002 der Basiszinssatz nach § 247 BGB anzuwenden. Die Höhe wird jeweils zum 1.1. und 1.7. eines Jahres neu bestimmt. |

Der Basiszinssatz für die Zeit vom 1.7.2017 bis zum 31.12.2017 beträgt -0,88 Prozent.

Damit ergeben sich folgende Verzugszinsen:

  • für Verbraucher (§ 288 Abs. 1 BGB): 4,12 Prozent
  • für den unternehmerischen Geschäftsverkehr (§ 288 Abs. 2 BGB): 8,12 Prozent*

* für Schuldverhältnisse, die vor dem 29.7.2014 entstanden sind: 7,12 Prozent.

Die für die Berechnung der Verzugszinsen anzuwendenden Basiszinssätze betrugen in der Vergangenheit:

Berechnung der Verzugszinsen

Zeitraum

Zins

vom 1.1.2017 bis 30.6.2017

-0,88 Prozent

vom 1.7.2016 bis 31.12.2016

-0,88 Prozent

vom 1.1.2016 bis 30.6.2016

-0,83 Prozent

vom 1.7.2015 bis 31.12.2015

-0,83 Prozent

vom 1.1.2015 bis 30.6.2015

-0,83 Prozent

vom 1.7.2014 bis 31.12.2014

-0,73 Prozent

vom 1.1.2014 bis 30.6.2014

-0,63 Prozent

vom 1.7.2013 bis 31.12.2013

-0,38 Prozent

vom 1.1.2013 bis 30.6.2013

-0,13 Prozent

vom 1.7.2012 bis 31.12.2012

0,12 Prozent

vom 1.1.2012 bis 30.6.2012

0,12 Prozent

vom 1.7.2011 bis 31.12.2011

0,37 Prozent

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Flexirentengesetz: Neue Hinzuverdienstgrenzen seit 1.7.2017

| Wer vor dem Erreichen der Altersgrenze in Rente geht, darf seit dem 1.7.2017 bis zu 6.300 EUR jährlich anrechnungsfrei hinzuverdienen. Bisher lag die Hinzuverdienstgrenze bei 450 EUR monatlich. Ein Verdienst, der über 6.300 EUR hinausgeht, wird zu 40 % auf die Rente angerechnet. Diese Änderungen basieren auf dem sogenannten Flexirentengesetz vom 8.12.2016. |

PRAXISHINWEIS | Bei einer geringfügigen Beschäftigung (Minijob) gilt weiterhin die Jahresverdienstgrenze von 5.400 EUR. Somit besteht vor Vollendung der Regelaltersgrenze zwar die Möglichkeit, bis zu 6.300 EUR pro Kalenderjahr zu verdienen, aber bereits ab einem Verdienst von mehr als 5.400 EUR wäre man kein Minijobber mehr.

Durch die neuen flexibleren Hinzuverdienstregelungen soll es einfacher werden, den Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand individuell zu gestalten. Die wesentlichen Neuerungen des Flexirentengesetzes hat die Deutsche Rentenversicherung in einer 28 Seiten umfassenden Broschüre zusammengestellt, die unter www.iww.de/s165 heruntergeladen werden kann.

Quelle | Gesetz zur Flexibilisierung des Übergangs vom Erwerbsleben in den Ruhestand und zur Stärkung von Prävention und Rehabilitation im Erwerbsleben (Flexirentengesetz) vom 8.12.2016, BGBl I 2016, S. 2838

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Aktuelles Steuerrecht 7/2017





Monats-Rundschreiben Plus 07-2017


Inhaltsverzeichnis der Ausgabe 07/2017:

Alle Steuerzahler

Vermieter

Freiberufler und Gewerbetreibende

Gesellschafter und Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften

Umsatzsteuerzahler

Arbeitgeber

Arbeitnehmer

Abschließende Hinweise

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Alle Steuerzahler


Ende des Bezugszeitraums: Kein Kindergeld mehr für am Monatsersten geborene Kinder

| Der Bezugszeitraum beim Kindergeld endet grundsätzlich dann, wenn das Kind das 25. Lebensjahr vollendet hat. Am Ende des Bezugszeitraums besteht für ein am Monatsersten geborenes Kind für diesen Monat kein Anspruch mehr auf Kindergeld. Das hat das Finanzgericht Köln entschieden. |

Kindergeld wird nur für die Monate gewährt, in denen die Voraussetzungen erfüllt sind. Dabei muss das Kind an wenigstens einem Tag in dem betroffenen Monat zu berücksichtigen sein.

Für die Berechnung des Alters wird der Tag der Geburt bereits mitgerechnet. Das bedeutet: Ist das Kind am zweiten Tag des Monats geboren, zahlt die Familienkasse für diesen Monat noch Kindergeld. Wird das Kind jedoch am ersten Tag des Monats geboren, vollendet es bereits einen Tag davor sein 25. Lebensjahr. Im Geburtstagsmonat gibt es somit kein Kindergeld mehr.

Beachten Sie | Mit dieser Entscheidung will sich der Vater aber nicht zufrieden geben und hat Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt.

Quelle | FG Köln, Urteil vom 21.9.2016, Az. 4 K 392/14, NZB BFH Az. V B 147/16, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 193131

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Zweites Bürokratieentlastungsgesetz: Diese Erleichterungen können Sie nutzen

| Das Zweite Gesetz zur Entlastung insbesondere der mittelständischen Wirtschaft von Bürokratie (Zweites Bürokratieentlastungsgesetz) ist nach der Zustimmung des Bundesrates „in trockenen Tüchern“. Der nachfolgende Überblick zeigt, welche steuerlichen Erleichterungen das Gesetzespaket beinhaltet. |

Einkommensteuer

Wird für geringwertige Wirtschaftsgüter (= abnutzbare und bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die selbstständig nutzungsfähig sind) die Sofortabschreibung beansprucht, sind Aufzeichnungspflichten zu beachten, sofern die Anschaffungs- oder Herstellungskosten eine bestimmte Grenze überschreiten. Diese Grenze wurde von 150 EUR auf 250 EUR angehoben.

Die erhöhte Grenze gilt für Wirtschaftsgüter, die nach dem 31.12.2017 angeschafft, hergestellt oder in das Betriebsvermögen eingelegt werden.

Lohnsteuerlich ist auf zwei Anpassungen hinzuweisen:

  • Anmeldungszeitraum für die Lohnsteuer ist das Kalendervierteljahr, wenn die abzuführende Lohnsteuer für das vergangene Kalenderjahr mehr als 1.080 EUR, aber nicht mehr als 4.000 EUR betragen hat. Der letztgenannte Wert wurde nun auf 5.000 EUR angehoben. Somit sind monatliche Lohnsteuer-Anmeldungen erst bei über 5.000 EUR vorzunehmen.
  • Bei kurzfristig beschäftigten Arbeitnehmern ist eine Lohnsteuer-Pauschalierung mit 25 % nur zulässig, wenn der durchschnittliche Tageslohn 68 EUR nicht übersteigt. Da die Grenze an den Mindestlohn anknüpft (8 Stunden x 8,50 EUR = 68 EUR) und dieser zu Jahresbeginn auf 8,84 EUR erhöht wurde, wurde auch der Tageslohn-Grenzwert erhöht – und zwar auf 72 EUR.

Beachten Sie | Beide lohnsteuerlichen Änderungen gelten (rückwirkend) mit Wirkung vom 1.1.2017.

Umsatzsteuer

Kleinbetragsrechnungen (Grenze bisher: 150 EUR; neue Grenze ab 1.1.2017: 250 EUR) müssen nicht die umfangreichen Angaben des Umsatzsteuerrechts enthalten, um zum Vorsteuerabzug zu berechtigen.

Vorgeschrieben sind „nur“ folgende Angaben:

  • der vollständige Name und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers,
  • das Ausstellungsdatum,
  • die Menge und Art der gelieferten Gegenstände oder der Umfang und die Art der sonstigen Leistung,
  • das Entgelt und der darauf entfallende Steuerbetrag für die Lieferung oder sonstige Leistung in einer Summe sowie der anzuwendende Steuersatz oder – im Fall einer Steuerbefreiung – ein Hinweis darauf, dass für die Lieferung oder sonstige Leistung eine Steuerbefreiung gilt.

Neu in das Umsatzsteuergesetz aufgenommen wurde eine Regelung, wonach eine Haftung des Forderungsempfängers in den Fällen einer Forderungsabtretung (Factoring) ausgeschlossen ist.

Hintergrund: Der Bundesfinanzhof hatte Ende 2015 – entgegen der Verwaltungsmeinung – entschieden, dass die Haftung des Abtretungsempfängers (Factors) für Umsatzsteuer nicht ausgeschlossen ist, wenn er dem Unternehmer, der ihm die Umsatzsteuer enthaltende Forderung abgetreten hat, liquide Mittel zur Verfügung gestellt hat, aus denen dieser seine Umsatzsteuerschuld hätte begleichen können.

Mit der nun (rückwirkend zum 1.1.2017) gesetzlich verankerten Verwaltungsmeinung sollen insbesondere Einschränkungen in der Bonität kleinerer und mittlerer Unternehmen vermieden werden.

Abgabenordnung

Sind Lieferscheine keine Buchungsbelege, sind sie nicht mehr aufbewahrungspflichtig. Das heißt: Bei empfangenen (abgesandten) Lieferscheinen endet die Aufbewahrungsfrist mit dem Erhalt (mit dem Versand) der Rechnung.

Inkrafttreten: Diese Regelung gilt erstmals für Lieferscheine, deren Aufbewahrungsfrist in der bis zum 31.12.2016 geltenden Fassung der Abgabenordnung noch nicht abgelaufen ist.

Quelle | Zweites Gesetz zur Entlastung insbesondere der mittelständischen Wirtschaft von Bürokratie (Zweites Bürokratieentlastungsgesetz), BR-Drs. 305/17 (B) vom 12.5.2017

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Kein Spendenabzug bei Schenkung mit Auflage

| Ein Spendenabzug ist grundsätzlich nicht zulässig, wenn ein Ehegatte von seinem Partner eine Schenkung mit der Auflage erhält, einen Teil davon zu spenden. Dies verdeutlicht eine Entscheidung des Finanzgerichts Düsseldorf. |

Sachverhalt

Ein Ehemann hatte seiner Frau einige Monate vor seinem Tod 400.000 EUR geschenkt. Die Auflage: Die Ehefrau sollte hiervon 100.000 EUR der „B e.V.” sowie 30.000 EUR der gemeinnützigen Organisation „C e.V.” zukommen lassen, was sie auch tat. Den bei der Zusammenveranlagung begehrten Spendenabzug lehnte das Finanzamt ab, da die Ehefrau die Zahlungen nicht freiwillig geleistet habe. Beim Ehemann scheiterte der Ab-

zug, weil die Zuwendungsbestätigungen nur der Ehefrau erteilt worden waren. Hiergegen klagte die Ehefrau – jedoch ohne Erfolg.

Das Finanzgericht Düsseldorf begründete seine Entscheidung wie folgt:

Ein Spendenabzug des Ehemanns scheidet aus, weil die Zuwendungsbestätigung fehlt. Diese ist spenderbezogen und nicht übertragbar.

Sieht man die gespendeten Beträge als durchlaufenden Posten an, ist der Spendenabzug bereits deshalb ausgeschlossen, weil dann die Ehefrau den Betrag von 130.000 EUR (ähnlich einer Treuhänderin) für den Ehemann weitergeleitet und somit nicht selbst gespendet hätte.

Versteht man die Überweisung des Geldes an die Ehefrau dagegen als Schenkung unter Auflage, fehlt es an dem Merkmal der Freiwilligkeit aufseiten der Ehefrau. Ferner hat sie keine eigene Entscheidung getroffen, sondern eine ihr auferlegte Verpflichtung erfüllt.

Letztlich liegt auch keine wirtschaftliche Belastung vor. Der gesamte Betrag (400.000 EUR) war zwar schenkweise in das Eigentum der Ehefrau übergegangen, aber von Anfang an geschmälert um die Weitergabeverpflichtung. Die Ehefrau wurde von vornherein um den Nettobetrag (270.000 EUR) bereichert, sodass ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nicht gemindert wurde, sondern gestärkt.

PRAXISHINWEIS | Gegen diese Entscheidung ist die Revision anhängig. Dass der Bundesfinanzhof hier jedoch eine andere Auffassung vertreten wird, darf zumindest bezweifelt werden.

Quelle | FG Düsseldorf, Urteil vom 26.1.2017, Az. 9 K 2395/15 E, Rev. BFH Az. X R 6/17, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 192359

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Vermieter


Erneuerung der Einbauküche: Sofortabzug der Kosten erst ab 2017 ausgeschlossen

| Nach der geänderten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sind die einzelnen Elemente einer Einbauküche als ein einheitliches Wirtschaftsgut über zehn Jahre abzuschreiben. Aufwendungen für die Erneuerung einer Spüle und eines Küchenherds sind somit nicht mehr sofort als Werbungskosten abzugsfähig. Das Bundesfinanzministerium wendet diese neuen Grundsätze zwar in allen noch offenen Fällen an – verpflichtend aber erst für Veranlagungszeiträume ab 2017. |

Bei Erstveranlagungen bis einschließlich des Veranlagungszeitraums 2016 können Steuerpflichtige auf Antrag also noch von der günstigeren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs profitieren. Danach wurden die Spüle und der (nach der regionalen Verkehrsauffassung erforderliche) Herd als wesentliche Bestandteile des Gebäudes behandelt. Deren Erneuerung/Austausch führte zu sofort abzugsfähigem Erhaltungsaufwand.

Quelle | BMF-Schreiben vom 16.5.2017, Az. IV C 1 – S 2211/07/10005 :001, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 194094; BFH-Urteil vom 3.8.2016, Az. IX R 14/15

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Freiberufler und Gewerbetreibende


Keine Abschreibungen beim Kauf von Vertragsarztpraxen, wenn es primär um die Kassenarztzulassung geht

| Die Übertragung von Vertragsarztpraxen berechtigt den Erwerber nur dann zu Absetzungen für Abnutzung (AfA) auf einen Praxiswert und das miterworbene Inventar, wenn Erwerbsgegenstand die gesamte Praxis und nicht nur eine Vertragsarztzulassung ist. Dies hat der Bundesfinanzhof in zwei Urteilen entschieden. |

Zum Hintergrund

Die Vertragsarztzulassung vermittelt ein höchstpersönliches, öffentlich-rechtliches Statusrecht, das dazu berechtigt, gesetzlich krankenversicherte Patienten zu behandeln und die Leistungen gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen abzurechnen. Sie wird in zulassungsbeschränkten Gebieten in einem Nachbesetzungsverfahren erteilt und kann vom Zulassungsinhaber nicht direkt an einen Erwerber veräußert werden. Gleichwohl enthalten Praxisübertragungsverträge oft Regelungen zur Überleitung der Zulassung auf den Praxiserwerber und eine Verpflichtung zur Mitwirkung des Zulassungsinhabers im Nachbesetzungsverfahren.

Das erste Verfahren

Sachverhalt

Eine fachärztliche Gemeinschaftspraxis erwarb die Vertragsarztpraxis eines Kassenarztes. Der Kaufpreis für die Praxis orientierte sich an den durchschnittlichen Einnahmen aus der Untersuchung und Behandlung der gesetzlich und privat versicherten Patienten samt eines Zuschlags. Eine Besonderheit der Einzelpraxis war, dass die Patienten diese im Wesentlichen aufgrund von Überweisungen anderer Ärzte aufsuchten und diese Zuweiserbindungen ein entscheidender wertbildender Faktor waren.

Die Gemeinschaftspraxis übernahm einige Mitarbeiter der Einzelpraxis und das Patientenarchiv. Denn sie ging davon aus, dass frühere Patienten die Gemeinschaftspraxis aufsuchen würden. Sie wollte ihre Tätigkeit jedoch nicht in den Räumen des bisherigen Praxisinhabers ausüben. Der bisherige Einzelpraxisinhaber übernahm im Kaufvertrag die Verpflichtung, im Nachbesetzungsverfahren an der Erteilung der Zulassung an eine Gesellschafterin der Gemeinschaftspraxis mitzuwirken.

Wird eine Vertragsarztpraxis mit den zugehörigen Wirtschaftsgütern der Praxis (insbesondere des Praxiswerts) als Chancenpaket erworben, ist der Vorteil aus der Zulassung als Vertragsarzt untrennbar im Praxiswert als abschreibbares immaterielles Wirtschaftsgut enthalten. Nach der Entscheidung des Bundesfinanzhofs gilt dies auch dann, wenn eine Gemeinschaftspraxis eine Einzelpraxis unter der Bedingung erwirbt, die Vertragsarztzulassung des Einzelpraxisinhabers werde im Nachbesetzungsverfahren einem Gesellschafter der Gemeinschaftspraxis erteilt.

Maßgebliches Indiz für einen beabsichtigten Erwerb der Praxis als Chancenpaket war, dass Veräußerer und Erwerber einen Kaufpreis in Höhe des Verkehrswerts der Praxis oder sogar einen darüber liegenden Wert vereinbarten. Dem stand nicht entgegen, dass die Gemeinschaftspraxis nicht beabsichtigte, die ärztliche Tätigkeit in den bisherigen Räumen des Einzelpraxisinhabers fortzusetzen.

Das zweite Verfahren

Sachverhalt

Der Inhaber einer Einzelpraxis schloss mit dem Neugesellschafter einer Gemeinschaftspraxis einen Praxisübernahmevertrag. Dieser stand unter der Bedingung der erfolgreichen Überleitung der Vertragsarztzulassung auf den Erwerber. Der Verkäufer verpflichtete sich auch hier, im Nachbesetzungsverfahren an der Überleitung der Zulassung auf den Erwerber mitzuwirken. Zudem verlegte er seine Vertragsarztpraxis für eine kurze Zeit an den Ort der Gemeinschaftspraxis. Allerdings wurde er tatsächlich nicht für die Gemeinschaftspraxis tätig.

Der Bundesfinanzhof verneinte die AfA-Berechtigung des Erwerbers in vollem Umfang. Dies begründete er wie folgt: Der Neugesellschafter hat nur den wirtschaftlichen Vorteil aus der auf ihn überzuleitenden Vertragsarztzulassung gekauft, da er weder am Patientenstamm der früheren Einzelpraxis noch an anderen wertbildenden Faktoren ein Interesse gehabt hat. Der wirtschaftliche Vorteil aus einer unbefristet erteilten Vertragsarztzulassung ist ein nicht abnutzbares immaterielles Wirtschaftsgut, da es sich nicht innerhalb eines bestimmten oder bestimmbaren Zeitraums verbraucht. Da dieses Wirtschaftsgut keinem Wertverzehr unterliegt, ist es auch nicht abschreibbar.

Quelle | BFH-Urteil vom 21.2.2017, Az. VIII R 7/14, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 193967; BFH-Urteil vom 21.2.2017, Az. VIII R 56/14, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 193966

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Gesellschafter und Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften


Pensionsrückstellungen: So erfolgt die Prüfung der Überversorgung

| Pensionszusagen sind ein beliebtes steuerliches Gestaltungsmittel. Allerdings sind bei der Ausgestaltung zahlreiche Fallstricke zu beachten, wie die umfangreiche finanzgerichtliche Rechtsprechung zeigt. In einer aktuellen Entscheidung hat sich der Bundesfinanzhof (erneut) mit der sogenannten Überversorgungsprüfung beschäftigen müssen und diese im Grundsatz bestätigt. |

Hintergrund

Die Überversorgung baut auf der Überlegung auf, dass der Arbeitgeber eine Versorgung zusagt, indem er eine nach der gesetzlichen Rentenversicherung verbleibende Versorgungslücke von etwa 20 bis 30 % der letzten Aktivbezüge schließt.

Dieser Gedankengang wurde dann von der Rechtsprechung weiter präzisiert. Danach liegt eine Überversorgung vor, wenn die betrieblichen Versorgungsanwartschaften zuzüglich der Anwartschaft aus der gesetzlichen Rentenversicherung 75 % des Aktivlohns am Bilanzstichtag übersteigen. In diesen Fällen ist die Pensionsrückstellung dann entsprechend zu kürzen.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof stellte in seiner Entscheidung u. a. folgende praxisrelevante Punkte heraus:

  • Als Aktivbezüge gilt der vom Arbeitgeber während der aktiven Tätigkeit im Wirtschaftsjahr tatsächlich gezahlte Arbeitslohn. Einzubeziehen sind auch variable Gehaltsbestandteile (z. B. Tantiemen), die mittels Durchschnittsberechnung für die letzten fünf Jahre zu ermitteln sind.
  • Dauerhafte Gehaltsminderungen reduzieren die Aktivbezüge. Allerdings müssen für die Dauer einer vorübergehenden Unternehmenskrise vereinbarte Gehaltskürzungen nicht zwingend zur Minderung der Versorgung führen.
  • Für die Prüfung der Grenze sind alle am Bilanzstichtag durch den Arbeitgeber vertraglich zugesagten Altersversorgungsansprüche einschließlich der zu erwartenden Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung heranzuziehen. Inwieweit die Ansprüche auf eigenen Leistungen des Versorgungsanwärters beruhen, ist unerheblich.

Der Bundesfinanzhof räumte jedoch auch ein, dass es bei einer dauerhaften Herabsetzung der Aktiv-Bezüge geboten sein kann, den Maßstab im Sinne einer zeitanteiligen Betrachtung zu modifizieren. Hierdurch soll erreicht werden, dass die Bewertungsbegrenzung nicht in einen Anwartschaftsteil hineinwirkt, der zu den früheren Stichtagen jeweils nicht überversorgend war.

Beachten Sie | Dem trägt ein Schreiben der Finanzverwaltung insoweit Rechnung, als dort für den Wechsel von einem Vollzeit- in ein Teilzeitbeschäftigungsverhältnis (mit einer Änderung des Gehaltsniveaus) ein besonderer prozentualer Grenzwert gebildet wird.

Quelle | BFH-Urteil vom 20.12.2016, Az. I R 4/15, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 193355; BMF-Schreiben vom 3.11.2004, Az. IV B 2 – S 2176 – 13/04

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Verlustuntergang bei schädlichem Beteiligungserwerb verfassungswidrig

| Nach § 8c des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) fällt der Verlustvortrag einer Kapitalgesellschaft anteilig weg, wenn innerhalb von fünf Jahren mehr als 25 % und bis zu 50 % der Anteile übertragen werden (schädlicher Beteiligungserwerb). Diese Regelung hat das Bundesverfassungsgericht aber als verfassungswidrig eingestuft. Der Gesetzgeber muss nun bis zum 31.12.2018 rückwirkend für die Zeit vom 1.1.2008 bis zum 31.12.2015 eine Neuregelung treffen. |

Für Anteilsübertragungen ab dem 1.1.2016 hat der Gesetzgeber die Verlustverrechnung (bereits) neu ausgerichtet. Denn nach § 8d KStG können Kapitalgesellschaften Verluste weiter nutzen, wenn der Geschäftsbetrieb nach einem Anteilseignerwechsel erhalten bleibt (fortführungsgebundener Verlustvortrag). Ob der Anwendungsbereich von § 8c KStG dadurch allerdings soweit reduziert worden ist, dass die Norm verfassungsgemäß ist, hat das Bundesverfassungsgericht nicht endgültig entschieden.

Beachten Sie | Die Finanzverwaltung dürfte zum weiteren Umgang mit dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zeitnah Stellung beziehen. Bis dahin sollten (negative) Bescheide unbedingt offengehalten werden.

Quelle | BVerfG, Beschluss vom 29.3.2017, Az. 2 BvL 6/11, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 193932

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Umsatzsteuerzahler


Erweiterte Gebrauchtwagengarantie ist umsatzsteuerpflichtig

| Nach Meinung des Finanzgerichts Niedersachsen erbringt ein Autohaus, das mit einem Fahrzeugverkauf eine erweiterte Gebrauchtwagengarantie anbietet, eine einheitliche Leistung, die insgesamt mit 19 % zu besteuern ist. |

Die Garantiezusage ist eine einheitliche untrennbare Leistung, die durch das Versprechen der Einstandspflicht des Händlers beim Gebrauchtwagenkauf geprägt ist (Kombinationsmodell). Diese ist einheitlich nach dem dominierenden Bestandteil, dem Fahrzeugkauf, zu besteuern. Es bleibt abzuwarten, ob sich der Bundesfinanzhof dieser Meinung in der Revision anschließen wird.

Quelle | FG Niedersachsen, Urteil vom 23.2.2017, Az. 11 K 134/16, Rev. BFH Az. XI R 16/17, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 193841

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Arbeitgeber


Schadenersatz wegen Diskriminierung ist steuerfrei

| Muss ein Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer eine Entschädigung wegen Diskriminierung zahlen, ist diese auch dann steuerfrei, wenn der Arbeitgeber die behauptete Benachteiligung bestritten und sich lediglich in einem gerichtlichen Vergleich zur Zahlung bereit erklärt hat. So lautet eine Entscheidung des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz. |

Sachverhalt

Gegen die ordentliche Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses „aus personenbedingten Gründen“ erhob eine Einzelhandelskauffrau eine Kündigungsschutzklage, mit der sie auch eine Entschädigung wegen Benachteiligung aufgrund ihrer Behinderung begehrte. Wenige Wochen vor der Kündigung wurde bei ihr eine Körperbehinderung von 30 % festgestellt. Vor dem Arbeitsgericht

schlossen die Arbeitnehmerin und ihr Arbeitgeber einen Vergleich, wonach eine Entschädigung i. H. von 10.000 EUR vereinbart und das Arbeitsverhältnis einvernehmlich beendet wurde.

Da das Finanzamt diese Entschädigung als steuerpflichtigen Arbeitslohn behandelt hatte, erhob sie Klage und bekam vor dem Finanzgericht Rheinland-Pfalz Recht.

Bei der steuerlichen Beurteilung einer Schadenersatzzahlung, die auf einem Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) beruht, ist wie folgt zu unterscheiden:

  • Steuerpflichtiger Arbeitslohn liegt vor, wenn der Schadenersatz einen Vermögensschaden nach § 15 Abs. 1 AGG ausgleichen soll (z. B. entgehenden Arbeitslohn).
  • Handelt es sich demgegenüber um den Ausgleich immaterieller Schäden im Sinne des § 15 Abs. 2 AGG (z. B. Zahlungen wegen Mobbings, Diskriminierung oder sexueller Belästigung), dann ist eine solche Entschädigung steuerfrei und nicht als Arbeitslohn zu qualifizieren.

Beachten Sie | Ist die Frage einer Diskriminierung wesentlicher Bestandteil des Arbeitsgerichtsprozesses, stellt eine mittels Vergleich vereinbarte Entschädigungszahlung nach dem AGG auch dann eine solche wegen eines immateriellen Schadens dar, wenn letztlich offenbleibt, ob eine Benachteiligung tatsächlich stattgefunden hat.

Quelle | FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21.3.2017, Az. 5 K 1594/14, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 193461

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Zwei Minijobs bei einem Arbeitgeber sind zusammenzurechnen

| In ihrer „Nachgefragt-Reihe“ hat die Minijob-Zentrale jüngst die Frage beantwortet, ob derselbe Arbeitgeber einen Minijobber gleichzeitig in seiner Einzelfirma und in seinem privaten Haushalt beschäftigen kann. Dies ist zwar grundsätzlich möglich, dürfte aber wegen der damit verbundenen Restriktionen oftmals nicht wirklich praktikabel sein. |

Sachverhalt

Ein Zahnarzt hat in seiner Praxis eine 450-EUR-Minijobberin als Raumpflegerin beschäftigt. Zusätzlich möchte er sie (ebenfalls auf 450-EUR-Basis) in seinem privaten Haushalt als Haushaltshilfe einstellen. Die Beschäftigung als Haushaltshilfe soll über das Haushaltsscheck-Verfahren abgerechnet werden. Ist das möglich?

Der Zahnarzt kann die Minijobberin sowohl in seiner Praxis als auch in seinem Privathaushalt beschäftigen. Da es sich dabei aber um ein einheitliches Beschäftigungsverhältnis handelt, ist die Minijobberin ausschließlich über die Praxis zu melden und abzurechnen, sodass die für gewerbliche Minijobs üblichen Abgaben auf den Gesamtverdienst aus beiden Beschäftigungen zu zahlen sind.

PRAXISHINWEIS | Der Gesamtverdienst darf (durchschnittlich) im Monat 450 EUR nicht überschreiten. Anderenfalls handelt es sich um eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung.

Quelle | Minijob-Zentrale vom 24.4.2017 „Nachgefragt (17): 2 Minijobs bei einem Arbeitgeber – geht das?“, unter iww.de/s145

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Arbeitnehmer


Dienstzulagen an Polizeibeamte nicht steuerfrei

| Die einem Polizeibeamten gezahlte Zulage für Dienst zu wechselnden Zeiten nach § 17a Erschwerniszulagenverordnung (EZulV) ist nach einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs nicht steuerfrei. |

Diese Zulagen werden nicht ausschließlich für geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit gewährt. Sie sind vielmehr ein finanzieller Ausgleich für wechselnde Dienste und die damit verbundenen Belastungen durch den Biorhythmuswechsel.

Quelle | BFH-Urteil vom 15.2.2017, Az. VI R 30/16, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 193667

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„Sensibilisierungswoche“ zur Vermittlung eines gesunden Lebensstils ist Arbeitslohn

| Die Zuwendung eines Seminars zur Vermittlung grundlegender Erkenntnisse über einen gesunden Lebensstil („Sensibilisierungswoche“) hat Entlohnungscharakter und führt zu Arbeitslohn. Dies hat das Finanzgericht Düsseldorf entschieden. |

Sachverhalt

Das Gesamtkonzept des einwöchigen Seminars wurde vom Arbeitgeber mitentwickelt und sollte dazu dienen, die Beschäftigungsfähigkeit, Leistungsfähigkeit und Motivation der Belegschaft zu erhalten. Auskunftsgemäß wurden dabei grundlegende Erkenntnisse über einen gesunden Lebensstil vermittelt.

Die Kosten für die allen Mitarbeitern offenstehende Teilnahme in Höhe von rund 1.300 EUR trug (mit Ausnahme der Fahrtkosten) der Arbeitgeber. Zwei Krankenkassen beteiligten sich mit Zuschüssen an den Kosten. Für die Teilnahmewoche mussten die Arbeitnehmer ein Zeitguthaben oder Urlaubstage aufwenden.

Das Finanzamt qualifizierte den der „Sensibilisierungswoche“ beizumessenden Wert als Arbeitslohn – und zwar zu Recht, wie auch das Finanzgericht Düsseldorf befand.

Für die steuerliche Beurteilung der „Sensibilisierungswoche“ ist es entscheidend,

  • ob ein konkreter Bezug zu berufsspezifisch bedingten gesundheitlichen Beeinträchtigungen hergestellt werden kann (kein Arbeitslohn) oder
  • ob es sich um eine – allgemeine – gesundheitspräventive Maßnahme handelt (dann Arbeitslohn).

Die allgemeine Gesundheitsvorsorge liegt zwar auch im Interesse des Arbeitgebers, aber vor allem im persönlichen Interesse der Arbeitnehmer. Damit scheidet ein den Arbeitslohn ausschließendes eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers regelmäßig aus.

PRAXISHINWEIS | Bei einer „Sensibilisierungswoche” zur allgemeinen Gesundheitsvorsorge im Sinne der §§ 20, 20a Sozialgesetzbuch kommt aber zumindest eine Steuerbefreiung in Höhe von bis zu 500 EUR (Freibetrag) in Betracht. Dies ergibt sich aus § 3 Nr. 34 Einkommensteuergesetz.

Beachten Sie | Gegen diese Entscheidung wurde Revision eingelegt, sodass geeignete Fälle über einen Einspruch bis zur höchstrichterlichen Klärung durch den Bundesfinanzhof offengehalten werden können.

Quelle | FG Düsseldorf, Urteil vom 26.1.2017, Az. 9 K 3682/15 L, Rev. BFH Az. VI R 10/17, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 193938

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Abschließende Hinweise


Steuern und Beiträge Sozialversicherung: Fälligkeitstermine in 07/2017

| Im Monat Juli 2017 sollten Sie insbesondere folgende Fälligkeitstermine beachten: |

Steuertermine (Fälligkeit):

  • Umsatzsteuer (Monatszahler): 10.7.2017
  • Lohnsteuer (Monatszahler): 10.7.2017

Bei einer Scheckzahlung muss der Scheck dem Finanzamt spätestens drei Tage vor dem Fälligkeitstermin vorliegen.

Beachten Sie | Die für alle Steuern geltende dreitägige Zahlungsschonfrist bei einer verspäteten Zahlung durch Überweisung endet am 13.7.2017. Es wird an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, dass diese Zahlungsschonfrist ausdrücklich nicht für Zahlung per Scheck gilt.

Beiträge Sozialversicherung (Fälligkeit):

Sozialversicherungsbeiträge sind spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des laufenden Monats fällig, für den Beitragsmonat Juli 2017 am 27.7.2017.

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Verzugszinsen

| Für die Berechnung der Verzugszinsen ist seit dem 1.1.2002 der Basiszinssatz nach § 247 BGB anzuwenden. Die Höhe wird jeweils zum 1.1. und 1.7. eines Jahres neu bestimmt. |

Der Basiszinssatz für die Zeit vom 1.1.2017 bis zum 30.6.2017 beträgt -0,88 Prozent.

Damit ergeben sich folgende Verzugszinsen:

  • für Verbraucher (§ 288 Abs. 1 BGB): 4,12 Prozent
  • für den unternehmerischen Geschäftsverkehr (§ 288 Abs. 2 BGB): 8,12 Prozent*

* für Schuldverhältnisse, die vor dem 29.7.2014 entstanden sind: 7,12 Prozent.

Die für die Berechnung der Verzugszinsen anzuwendenden Basiszinssätze betrugen in der Vergangenheit:

Berechnung der Verzugszinsen

Zeitraum

Zins

vom 1.7.2016 bis 31.12.2016

-0,88 Prozent

vom 1.1.2016 bis 30.6.2016

-0,83 Prozent

vom 1.7.2015 bis 31.12.2015

-0,83 Prozent

vom 1.1.2015 bis 30.6.2015

-0,83 Prozent

vom 1.7.2014 bis 31.12.2014

-0,73 Prozent

vom 1.1.2014 bis 30.6.2014

-0,63 Prozent

vom 1.7.2013 bis 31.12.2013

-0,38 Prozent

vom 1.1.2013 bis 30.6.2013

-0,13 Prozent

vom 1.7.2012 bis 31.12.2012

0,12 Prozent

vom 1.1.2012 bis 30.6.2012

0,12 Prozent

vom 1.7.2011 bis 31.12.2011

0,37 Prozent

vom 1.1.2011 bis 30.6.2011

0,12 Prozent

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Broschüre: Steuertipps für alle Steuerzahler

| Das Finanzministerium Nordrhein-Westfalen hat in einer umfangreichen Broschüre (Stand Mai 2017) zahlreiche Steuertipps rund um die Einkommensteuererklärung 2016 zusammengestellt. Die Broschüre kann unter www.iww.de/s146 kostenfrei heruntergeladen werden. |

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Aktuelles Steuerrecht 6/2017





Monats-Rundschreiben Plus 06-2017


Inhaltsverzeichnis der Ausgabe 06/2017:

Alle Steuerzahler

Vermieter

Kapitalanleger

Freiberufler und Gewerbetreibende

Gesellschafter und Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften

Umsatzsteuerzahler

Arbeitgeber

Arbeitnehmer

Abschließende Hinweise

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Alle Steuerzahler


Erben zahlen für geerbten Pflichtteilsanspruch Erbschaftsteuer

| Ein vom Erblasser nicht geltend gemachter Pflichtteilsanspruch gehört zum Nachlass und unterliegt beim Erben der Erbschaftsteuer. Auf die Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs durch den Erben kommt es nach einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs nicht an. |

Das Vermögen des Erblassers geht im Wege der Gesamtrechtsnachfolge als Ganzes auf den Erben über. Dazu gehört auch ein dem Erblasser zustehender Pflichtteilsanspruch, weil dieser Anspruch kraft Gesetzes vererblich ist. Für die Besteuerung ist es nicht erforderlich, dass der Erbe den geerbten Pflichtteilsanspruch geltend macht.

Beachten Sie | Die Gefahr einer doppelten Besteuerung beim Erben besteht nicht. Der Erbe eines Pflichtteilsanspruchs muss „nur“ beim Anfall der Erbschaft Erbschaftsteuer für den Erwerb des Anspruchs bezahlen. Wird der Pflichtteilsanspruch später geltend gemacht, löst dies keine weitere Erbschaftsteuer aus. Aber: Macht der Erbe den Anspruch gegenüber dem Verpflichteten (ebenfalls) nicht geltend, fällt für den Erwerb des Anspruchs dennoch Erbschaftsteuer an.

MERKE | Demgegenüber unterliegt ein Pflichtteilsanspruch, der in der Person des Pflichtteilsberechtigten entsteht, erst mit der Geltendmachung der Erbschaftsteuer. Der Pflichtteilsberechtigte kann also – anders als sein eigener Erbe – die Erbschaftsteuer vermeiden, wenn er auf die Erfüllung des Pflichtteilsanspruchs verzichtet.

Quelle | BFH-Urteil vom 7.12.2016, Az. II R 21/14, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 192927

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Grunderwerbsteuer: Rückwirkende Erhöhung bei späterer Grundstücksbebauung möglich

| Grunderwerbsteuer auf den Grund und Boden sowie auf das noch zu errichtende Gebäude wird dann fällig, wenn zwischen dem Kauf des Grundstücks und der Errichtung der Immobilie ein objektiv sachlicher Zusammenhang hergestellt werden kann. Im Fachjargon spricht man von einem „einheitlichen Vertragswerk“. Aktuell hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass der Abschluss des Bauerrichtungsvertrags ein nachträgliches Ereignis ist, welches die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer auf den Zeitpunkt des Grundstückserwerbs dahingehend verändert, dass zu den Kosten des Grundstückserwerbs nunmehr auch die Baukosten hinzutreten. |

Sachverhalt

Ein Steuerpflichtiger erwarb von einer Stadt ein Grundstück, das mit einem Reihenhaus bebaut werden sollte. Im Grundstückskaufvertrag, der von der Stadt und von dem zu beauftragenden Bauunternehmen unterzeichnet wurde, war u. a. festgelegt, nach welchen architektonischen Plänen das Haus errichtet werden sollte. Das Finanzamt setzte daraufhin die Grunderwerbsteuer fest, bezog aber nur die Kosten für den Grundstückskauf ein. Nach der Steuerfestsetzung schloss der Steuerpflichtige einen Bauerrichtungsvertrag mit dem Bauunternehmen.

Daraufhin änderte das Finanzamt die Steuerfestsetzung und bezog nun die Baukosten mit ein. Dagegen wehrte sich der Steuerpflichtige und bekam vor dem Finanzgericht Niedersachsen Recht, da die bestandskräftigen Bescheide nicht mehr änderbar gewesen seien. Dies sah der Bundesfinanzhof allerdings anders und hob die Vorentscheidung auf.

Ist der Erwerber eines Grundstücks beim Abschluss des Grundstückskaufvertrags hinsichtlich des „Ob“ und „Wie“ der Bebauung gebunden, wird das erworbene Grundstück erst dann in bebautem Zustand erworben, wenn auch der Bauerrichtungsvertrag geschlossen ist.

Mit Abschluss des Bauerrichtungsvertrags steht fest, dass das Grundstück in bebautem Zustand Erwerbsgegenstand ist und damit auch die Baukosten in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer einzubeziehen sind. Vor Abschluss des Bauerrichtungsvertrags kommt eine Erhöhung der Bemessungsgrundlage für den Kauf des Grundstücks um die Baukosten somit nicht in Betracht. Bis dahin ist das Grundstück in seinem tatsächlichen, unbebauten Zustand Gegenstand des Erwerbsvorgangs. Erst mit Abschluss des Bauerrichtungsvertrags verändert sich der Gegenstand des Erwerbsvorgangs nachträglich – und zwar rückwirkend auf den Zeitpunkt des Erwerbs.

Quelle | BFH-Urteil vom 25.1.2017, Az. II R 19/15, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 193277

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Lebenslanges Kindergeld bei spät diagnostiziertem Gendefekt?

| Eltern erhalten für erwachsene Kinder zeitlich unbegrenzt Kindergeld, wenn das Kind behindert ist und es deshalb seinen Unterhalt nicht selbst bestreiten kann. Dies soll nach Ansicht des Finanzgerichts Köln auch dann gelten, wenn ein Gendefekt erst nach Erreichen der Kindergeld-Altersgrenze diagnostiziert wird und das Kind davor seinen Lebensunterhalt selbst bestreiten konnte. |

Sachverhalt

Die 1968 geborene T leidet an einer erblichen Muskelerkrankung, bei der es zu einer fortschreitenden Abnahme der Muskelkraft kommt. Diagnostiziert wurde dies erst im Alter von
30 Jahren. In der Folge verschlechterte sich der Gesundheitszustand. Mit 40 Jahren wurde ein Grad der Behinderung von 100 % verbunden mit dem Merkzeichen G und aG festgestellt. Seit dem 43. Lebensjahr bezieht sie eine Rente wegen voller Erwerbsminderung.

Den Kindergeldantrag des Vaters für die Zeit ab Januar 2010 lehnte die Familienkasse ab, da die Behinderung nicht vor dem Erreichen der Altersgrenze eingetreten sei, die für vor 1982 Geborene noch bei 27 Jahren (heute 25 Jahre) lag. Der Gendefekt habe erst wesentlich später zu einer Behinderung geführt. Die hiergegen erhobene Klage hatte vor dem Finanzgericht Köln Erfolg.

Die Erkrankung besteht bereits seit der Geburt. Dass sie erst nach Vollendung des 27. Lebensjahres diagnostiziert worden ist, ist unerheblich, da es auf den objektiven Befund ankommt und nicht auf dessen Kenntnis. Ebenfalls belanglos ist, dass die Tochter zunächst nur leichtere Symptome der Krankheit verspürt hat. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs muss nur die Behinderung vor Vollendung des 27. Lebensjahres eingetreten sein, nicht aber die dadurch bedingte Unfähigkeit zum Selbstunterhalt.

Beachten Sie | Gegen diese Entscheidung ist bereits die Revision anhängig.

Quelle | FG Köln, Urteil vom 12.1.2017, Az. 6 K 889/15, Rev. BFH Az. XI R 8/17, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 193078; BFH-Urteil vom 4.8.2011, Az. III R 24/09

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Vermieter


Einkunftserzielungsabsicht kann auch durch Fehlverhalten der Miteigentümer entfallen

| Kann ein Steuerpflichtiger eine früher vermietete Eigentumswohnung nicht in einen betriebsbereiten Zustand versetzen und zur Vermietung bereitstellen, kann die Einkunftserzielungsabsicht entfallen, wenn die Wohnung mehrere Jahre leer steht. Nach einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs ist dem Steuerpflichtigen dabei das Fehlverhalten oder das Nichtverhalten der Miteigentümer zuzurechnen. |

Hintergrund: Bei leer stehenden Objekten können Aufwendungen steuerlich nur berücksichtigt werden, wenn die Absicht, Vermietungseinkünfte erzielen zu wollen, festgestellt werden kann. Je länger der Leerstand andauert, desto schwieriger ist dieser Nachweis.

Die Besonderheit im Streitfall bestand darin, dass sich der Eigentümer intensiv um eine Sanierung bemüht hatte. Weil die Miteigentümer aber nicht mitwirkten, war es nicht möglich, die Sanierung voranzutreiben und abzuschließen.

Die über Hausverwaltungen und Makler vorgenommenen Vermietungsbemühungen in den Streitjahren waren nicht ernsthaft und nachhaltig gemeint. Sie konnten wegen des Zustands der Anlage nur ins Leere laufen und dienten lediglich der Prüfung, ob überhaupt Mietinteressenten vorhanden sind.

Quelle | BFH-Urteil vom 31.1.2017, Az. IX R 17/16, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 193072

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Kapitalanleger


Positive Entscheidung des Bundesfinanzhofs zum Verlustausgleich bei Einkünften aus Kapitalvermögen

| Erzielen Steuerpflichtige sowohl negative Einkünfte aus Kapitalvermögen, das der Abgeltungsteuer unterliegt, als auch positive Einkünfte aus Kapitalvermögen, das nach dem persönlichen Steuersatz zu besteuern ist, kann eine Verrechnung erfolgen. Hierzu ist es allerdings erforderlich, dass der Steuerpflichtige bei seiner Einkommensteuererklärung in der Anlage KAP die sogenannte Günstigerprüfung beantragt. |

Sachverhalt

Ein Steuerpflichtiger hatte Zinsen aus einem privaten Darlehen erzielt. Dieses ordnete das Finanzamt als Darlehen zwischen nahestehenden Personen ein, sodass die Zinsen nach dem persönlichen Steuersatz zu besteuern waren. Daneben erzielte er negative Einkünfte aus Kapitalvermögen, die der Abgeltungsteuer unterlagen.

In seiner Einkommensteuererklärung beantragte der Steuerpflichtige im Wege der Günstigerprüfung die Verrechnung dieser Kapitaleinkünfte. Dies lehnten das Finanzamt und das Finanzgericht Rheinland-Pfalz ab. Der Bundesfinanzhof war hier allerdings großzügiger.

Verluste aus Kapitalvermögen dürfen nicht mit anderen Einkunftsarten (z. B. Vermietung und Verpachtung) ausgeglichen werden. Diese Regelung schließt aber nicht aus, dass negative Kapitaleinkünfte, die unter die Abgeltungsteuer fallen, mit positiven Kapitaleinkünften, die dem persönlichen Steuersatz unterliegen, verrechnet werden dürfen.

Voraussetzung ist jedoch, dass der Steuerpflichtige in seiner Einkommensteuererklärung in der Anlage KAP einen Antrag auf Günstigerprüfung stellt. Dieser hat zur Folge, dass die der Abgeltungsteuer unterliegenden negativen Kapitaleinkünfte der tariflichen Einkommensteuer unterworfen werden, sodass eine Verlustverrechnung möglich wird.

PRAXISHINWEIS | Die Verlustverrechnung hat hier sowohl eine positive als auch eine negative Folgewirkung:

  • Der Abzug des Sparer-Pauschbetrags in Höhe von 801 EUR ist bei Kapitaleinkünften, die der tariflichen Einkommensteuer unterworfen werden, ausgeschlossen. Dies verstößt nach Ansicht des Bundesfinanzhofs insbesondere nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz und auch nicht gegen das objektive Nettoprinzip.

  • Allerdings können die tatsächlich angefallenen Werbungskosten abgezogen werden, was bei einer Versteuerung nach der Abgeltungsteuer grundsätzlich nicht zulässig ist.

Quelle | BFH-Urteil vom 30.11.2016, Az. VIII R 11/14, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 193278

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Freiberufler und Gewerbetreibende


Steuerliche Rückstellungshöhe ist auf den Ansatz in der Handelsbilanz begrenzt

| Mit Ausnahme der Pensionsrückstellungen dürfen Rückstellungen in der Steuerbilanz den handelsrechtlichen Wert nicht übersteigen. Diese Sichtweise der Finanzverwaltung hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz jüngst bestätigt. |

Unterschiede können sich u. a. aus dem unterschiedlichen Abzinsungszeitraum ergeben. Steuerlich ist bei Sachleistungsverpflichtungen nämlich der Zeitraum bis zum Erfüllungsbeginn maßgebend. Da handelsrechtlich indes auf das Ende der Erfüllung abgestellt wird, ergibt sich hier eine höhere Abzinsung und somit ein niedrigerer Wert.

Beachten Sie | Ob die (für die Finanzverwaltung günstige) Deckelung der Rückstellungshöhe wirklich zulässig ist, wird der Bundesfinanzhof in der Revision entscheiden müssen.

Quelle | FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 7.12.2016, Az. 1 K 1912/14, Rev. BFH Az. I R 18/17, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 193496

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Häusliches Arbeitszimmer bei einem Selbstständigen trotz vorhandener Praxisräume anerkannt

| Die Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer sind grundsätzlich nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig. Keine Abzugsbeschränkung besteht jedoch, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung darstellt. Bildet das Arbeitszimmer zwar nicht den Mittelpunkt der Betätigung, steht aber für die Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, sind Kosten immerhin bis 1.250 EUR abziehbar. Der Bundesfinanzhof hat aktuell entschieden, dass bei einem Selbstständigen nicht jeder Schreibtischarbeitsplatz in seinen Betriebsräumen zwangsläufig ein solcher anderer Arbeitsplatz ist. |

Sachverhalt

Ein selbstständiger Logopäde war in zwei angemieteten Praxen tätig, die weit überwiegend von seinen vier Angestellten genutzt wurden. Für Verwaltungsarbeiten nutzte er ein häusliches Arbeitszimmer. Das Finanzgericht Sachsen-Anhalt gelangte wegen der konkreten Umstände zu dem Schluss, dass eine Erledigung der Büroarbeiten in den Praxisräumen – auch außerhalb der Öffnungszeiten – nicht zumutbar sei. Da der Bundesfinanzhof diese Sichtweise in der Revision bestätigte, konnte der Logopäde seine Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer bis zu 1.250 EUR p. a. als Betriebsausgaben abziehen.

Auch Selbstständige können auf ein zusätzliches häusliches Arbeitszimmer angewiesen sein – und zwar dann, wenn der andere Arbeitsplatz (in den Geschäfts- oder Praxisräumen) in dem konkret erforderlichen Umfang und in der konkret erforderlichen Art und Weise nicht genutzt werden kann. Ob dies der Fall ist, ist anhand der objektiven Umstände des individuellen Einzelfalls zu klären. Anhaltspunkte können sich sowohl aus der Beschaffenheit des Arbeitsplatzes (Größe, Lage, Ausstattung) als auch aus den Rahmenbedingungen seiner Nutzung (Umfang der Nutzungsmöglichkeit, Zugang zum Gebäude, zumutbare Möglichkeit der Einrichtung eines außerhäuslichen Arbeitszimmers) ergeben.

Im Streitfall war die Nutzung der Praxisräume als außerhäusliches Arbeitszimmer insbesondere wegen der Größe und Ausstattung, der Nutzung durch vier Angestellte, dem Umfang der Büroarbeit und der Vertraulichkeit der Unterlagen unzumutbar. Im Zusammenhang mit früheren Entscheidungen weist der Bundesfinanzhof zudem darauf hin, dass es dem Steuerpflichtigen nicht immer zumutbar ist, Unterlagen und Geschäftspapiere in seine Praxis zu verbringen und dort zu bearbeiten.

Beachten Sie | Das Verfahren ist für den Logopäden positiv ausgegangen und liefert anderen Selbstständigen Argumente, die gegen das Vorhandensein eines anderen Arbeitsplatzes sprechen. Allerdings ist auch zu konstatieren, dass der Bundesfinanzhof von einem anderen Arbeitsplatz im Betrieb nicht nur dann ausgeht, wenn dieser tatsächlich eingerichtet ist. Da Selbstständige (im Gegensatz zu Arbeitnehmern) die konkrete Ausgestaltung regelmäßig selbst bestimmen können, ist von einem anderen Arbeitsplatz bereits dann auszugehen, wenn er in zumutbarer Weise dort eingerichtet werden könnte.

Quelle | BFH-Urteil vom 22.2.2017, Az. III R 9/16, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 193358

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Gesellschafter und Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften


Zinsen für Gesellschafterdarlehen: Mittelbare Beteiligung löst Abgeltungsteuer aus

| Gewährt ein Gesellschafter einer GmbH, an der er mit mindestens 10 % unmittelbar beteiligt ist, ein Darlehen, sind die Zinsen mit dem persönlichen Steuersatz zu versteuern, der deutlich höher sein kann, als der Abgeltungsteuersatz von 25 %. Diese Regelung gilt aber nur für unmittelbare Beteiligungen. Das heißt: Wird die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft „nur“ mittelbar gehalten, ist die Abgeltungsteuer anzuwenden. Dies hat der Bundesfinanzhof entschieden. |

Sachverhalt

Im Streitfall hatten eine Steuerpflichtige und ihr (später verstorbener) Ehemann an eine Kapitalgesellschaft, an der sie nicht unmittelbar beteiligt waren (Enkelgesellschaft), ein Grundstück veräußert und die Kaufpreisforderung in ein verzinsliches Darlehen umgewandelt. An der Enkelgesellschaft war zu 94 % eine weitere Kapitalgesellschaft (Muttergesellschaft) beteiligt, an der die Steuerpflichtige zunächst Anteile in Höhe von 10,86 % und später dann in Höhe von 22,80 % des Stammkapitals hielt.

Strittig war nun die Besteuerung der Darlehenszinsen. Das Finanzamt stellte auf den persönlichen Steuersatz ab, wohingegen das Finanzgericht Rheinland-Pfalz und der Bundesfinanzhof den Abgeltungsteuersatz anwandten.

Die Regelung, wonach die Zinsen aus Darlehen eines mindestens zu 10 % unmittelbar beteiligten Gesellschafters nicht der Abgeltungsteuer unterliegen, findet für Darlehen eines mittelbaren Gesellschafters keine Anwendung. Ein gesetzgeberisches Versehen ist insoweit ausgeschlossen, als die mittelbare Beteiligung hier nicht explizit genannt ist, in der gleichen Norm (zu einer anderen Fallgestaltung) aber schon. Dies zeigt, dass die beiden Begriffe nicht bedeutungsgleich zu verwenden sind.

Zudem ist eine weitere Ausnahmeregelung für den Ausschluss der Abgeltungsteuer nicht anzuwenden. Danach muss der Gesellschafter der Muttergesellschaft als Darlehensgeber im Verhältnis zur Enkelgesellschaft als Darlehensnehmerin eine nahestehende Person sein. Das hierzu erforderliche Nähe- und Abhängigkeitsverhältnis liegt jedenfalls dann vor, wenn der Darlehensgeber als Gläubiger der Kapitalerträge eine Beteiligung an der Muttergesellschaft innehat, die es ihm ermöglicht, seinen Willen in deren Gesellschafterversammlung durchzusetzen. Zusätzlich muss die Mutter- an der Enkelgesellschaft zu mindestens 10 % beteiligt sein.

Da die Steuerpflichtige aber über keine Mehrheit der Stimmrechte in der Gesellschafterversammlung der Muttergesellschaft verfügte und auch keine anderweitige „faktische“ Beherrschung erkennbar war, war sie im Verhältnis zur Enkelgesellschaft keine nahestehende Person.

Quelle | BFH-Urteil vom 20.10.2016, Az. VIII R 27/15, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 193071

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Umsatzsteuerzahler


Bundesfinanzhof durchschlägt gordischen Knoten in Bauträger-Altfällen

| Seit geraumer Zeit ringen die Finanzverwaltung und die Finanzgerichte um eine verfassungsgerechte Lösung in sogenannten Bauträger-Altfällen. Aktuell hat der Bundesfinanzhof hierzu entschieden und damit wohl den gordischen Knoten in den meisten Fällen durchschlagen. Denn nach der Entscheidung kann eine Umsatzsteuerfestsetzung gegenüber dem leistenden Unternehmer nur dann zu seinem Nachteil geändert werden, wenn ihm ein abtretbarer Anspruch auf Zahlung der Umsatzsteuer gegenüber dem Leistungsempfänger zusteht. |

Hintergrund und Rückblick

In § 13b Umsatzsteuergesetz (= UStG) sind bestimmte Fälle aufgeführt, in denen der Leistungsempfänger (also nicht der leistende Unternehmer) die Umsatzsteuer gegenüber dem Finanzamt schuldet. Dies wird als Übertragung der Steuerschuldnerschaft bezeichnet.

Die für die Baubranche verankerte Übertragung der Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger hatte die Finanzverwaltung ab 2010 per Verwaltungsanweisung auch auf bauleistungsempfangende Bauträger ausgedehnt. Somit erstellten die an Bauträger leistenden Unternehmer fortan „Nettorechnungen“ und überließen die Abführung der Umsatzsteuer den Bauträgern. Diese konnten jedoch wegen ihrer zumeist steuerfreien Verkaufsumsätze keinen (spiegelbildlichen) Vorsteuerabzug geltend machen.

Als der Bundesfinanzhof die Einbeziehung der Bauträger in die Anwendung des § 13b UStG als rechtswidrig verwarf, rollte auf die Finanzämter eine Antragswelle mit Rückerstattungsforderungen der Bauträger zu. Dies wollte der Gesetzgeber mit einem Reparaturversuch verhindern:

Zum einen wurde der alte Status quo (zumindest weitgehend) wiederhergestellt. Denn nach dem geänderten § 13b UStG wird der Leistungsempfänger für bezogene Bauleistungen dann zum Steuerschuldner, wenn er ein Unternehmer ist, der nachhaltig entsprechende Leistungen erbringt. Davon ist auszugehen, wenn ihm das Finanzamt eine im Zeitpunkt der Ausführung des Umsatzes gültige Bescheinigung darüber erteilt hat.

Für Altfälle wurde § 27 Abs. 19 UStG eingefügt. Hier wurde rückwirkend (für Umsätze, die vor dem 15.2.2014 ausgeführt wurden) geregelt, dass in den Fällen, in denen die Leistungsempfänger nachträglich einen Korrekturantrag stellen, die Steuer bei den leistenden Unternehmern nachzufordern ist. Zur Vereinfachung des Verfahrens wurde geregelt, dass der leistende Unternehmer in diesen Fällen seinen dann gegenüber dem Leistungsempfänger zivilrechtlich entstehenden Anspruch auf Nachzahlung der Umsatzsteuer an das Finanzamt abtreten kann, welches im Anschluss mit der Erstattungsforderung des Leistungsempfängers gegenüber dem Fiskus aufrechnen wird.

Der rückwirkende Regelungsinhalt des § 27 Abs. 19 UStG und die Nachbelastung der leistenden Unternehmer löste zahlreiche zivil- und finanzgerichtliche Verfahren aus. In der Praxis wartete man seitdem gespannt auf höchstrichterliche Entscheidungen in einem Hauptsacheverfahren – und eine derartige Entscheidung liegt nun vor.

Entscheidung des Bundesfinanzhofs

Das Finanzamt darf die Umsatzsteuerfestsetzung nach § 27 Abs. 19 UStG gegenüber dem leistenden Unternehmer nur dann ändern, wenn diesem ein abtretbarer Anspruch auf Zahlung der gesetzlich entstandenen Umsatzsteuer gegen den Leistungsempfänger zusteht.

Diese zusätzliche Änderungsvoraussetzung ergibt sich aus einer Auslegung von § 27 Abs. 19 UStG nach Normzweck, Sinnzusammenhang und Wortlaut. Dabei ist zudem der Grundsatz der unionsrechtskonformen Auslegung zu berücksichtigen.

Kurzum: Der leistende Unternehmer wird auf diese Weise vollständig von der Umsatzsteuer auf seine Leistungen entlastet. Er steht dann so, wie er stünde, wenn alles von vornherein richtig beurteilt worden wäre.

Offene Fragen

Beim Bundesfinanzhof gibt es zwei Umsatzsteuersenate. Entschieden hat vorerst aber nur der V. Senat des Bundesfinanzhofs, sodass eine abweichende Sichtweise des XI. Senats zumindest denkbar ist.

Zudem betrifft die aktuelle Entscheidung nur die Seite des bauleistenden Unternehmers. Hinsichtlich der Erstattungsanträge der Bauträger ist noch unklar, ob die Finanzverwaltung diesen tatsächlich die Auszahlung der zu Unrecht abgeführten Umsatzsteuer verweigern kann, bis der Bauträger die Rückzahlung der Umsatzsteuer-Differenz an den Bauleistenden nachweist. Diese Frage hat der Bundesfinanzhof ausdrücklich offengelassen.

Beachten Sie | Das Finanzgericht Münster hat zu dieser Frage die Ansicht vertreten, dass die Umsatzsteuerschuldnerschaft des Bauträgers unabhängig davon entfällt, ob der Bauträger die Umsatzsteuer an den leistenden Bauunternehmer erstattet. Die Finanzverwaltung hat hiergegen aber bereits Revision eingelegt.

In diesem Sinne stellt die vorliegende Entscheidung nur eine Etappe im wohl noch längeren Weg zur verfassungs- und unionsrechtlichen Klärung und nachfolgenden Abwicklung der Bauträger-Altfälle dar.

Quelle | BFH-Urteil vom 23.2.2017, Az. V R 16, 24/16, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 193273; FG Münster, Urteil vom 31.1.2017, Az. 15 K 3998/15 U, Rev. BFH Az. V R 6/17

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Arbeitgeber


Stück- und Akkordlöhne sind Bestandteile des Mindestlohns

| Stück- und Akkordlöhne können Gehaltsbestandteile sein und sind auch nach dem Mindestlohngesetz zulässig, wenn gewährleistet ist, dass der Mindestlohn (seit 1.1.2017: 8,84 EUR brutto je Zeitstunde) für die geleisteten Stunden erreicht wird. So lautet im Kern eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern. |

Der Gesetzgeber hat keine bestimmte Lohnermittlungsmethode vorgegeben und auch keinen festen Grundlohn. Den Arbeitsvertrags- und den Tarifvertragsparteien steht es frei, unterschiedliche Entlohnungsformen zu vereinbaren. Ein leistungsabhängiger Lohnbestandteil, der das Ziel hat, dem Arbeitnehmer einen finanziellen Anreiz dafür zu bieten, in quantitativer und qualitativer Hinsicht seiner arbeitsvertraglichen Leistungspflicht nachzukommen, ist geeignet, den Mindestlohnanspruch zu erfüllen.

Den Mindestlohnanspruch erfüllen grundsätzlich alle Entgeltzahlungen des Arbeitgebers, die sich als Gegenleistung für die erbrachte Arbeit darstellen. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts fehlt grundsätzlich nur solchen Zahlungen die Erfüllungswirkung, die der Arbeitgeber ohne Rücksicht auf eine tatsächliche Arbeitsleistung des Arbeitnehmers erbringt oder die auf einer besonderen gesetzlichen Zweckbestimmung beruhen (wie beispielsweise der Nachtzuschlag nach § 6 Abs. 5 des Arbeitszeitgesetzes).

Eine Anrechnung scheidet auch aus, wenn der Entgeltbestandteil nicht im Gegenseitigkeitsverhältnis zur Arbeitsleistung steht, sondern eine andere Funktion als der Mindestlohn hat. Das gilt nach einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Hamm z. B. für vermögenswirksame Leistungen, die nicht dazu bestimmt sind, den laufenden Lebensunterhalt zu bestreiten.

Beachten Sie | Das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern hat gegen seine Entscheidung die Revision zugelassen.

Quelle | LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 31.1.2017, Az. 5 Sa 28/16, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 192636; BAG-Urteil vom 25.5.2016, Az. 5 AZR 135/16; LAG Hamm, Urteil vom 22.4.2016, Az. 16 Sa 1627/15

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Arbeitnehmer


Doppelte Haushaltsführung: Hausrat und Einrichtungsgegenstände weiter voll abzugsfähig

| Seit 2014 sind bei einer doppelten Haushaltsführung für Unterkunftskosten nur noch maximal 1.000 EUR im Monat als Werbungskosten abziehbar. Zu diesen Unterkunftskosten zählt das Bundesfinanzministerium auch die Aufwendungen für notwendige Einrichtungsgegenstände (ohne Arbeitsmittel). Diese Ansicht teilt das Finanzgericht Düsseldorf jedoch nicht. |

Sachverhalt

Ein Arbeitnehmer unterhielt im Streitjahr 2014 neben seinem eigenen Hausstand (Lebensmittelpunkt) eine Wohnung am Ort seiner ersten Tätigkeitsstätte. In seiner Einkommensteuererklärung begehrte er den Abzug von notwendigen Mehraufwendungen für eine beruflich veranlasste doppelte Haushaltsführung als Werbungskosten (Miete zuzüglich Nebenkosten, Aufwendungen bzw. Abschreibungen für Möbel und Einrichtungsgegenstände).

Das Finanzamt berücksichtigte die Aufwendungen jedoch nur insoweit, als sie den Betrag von 1.000 EUR pro Monat nicht überstiegen. Dagegen wandte sich der Arbeitnehmer und machte geltend, die Aufwendungen für die Einrichtung der Wohnung seien unbeschränkt abzugsfähig, da sie keine Unterkunftskosten darstellen. Diese Auffassung bestätigte nun das Finanzgericht Düsseldorf.

Aufwendungen für Einrichtungsgegenstände und notwendigen Hausrat werden vom Höchstbetrag nicht erfasst. Weder aus dem gesetzlichen Wortlaut noch aus teleologischen und historischen Erwägungen ergibt sich eine Begrenzung dieser Aufwendungen. Gesetzgeberisches Ziel der Neuregelung war und ist, lediglich die Kosten für die Unterkunft auf 1.000 EUR monatlich zu begrenzen – nicht hingegen sonstige notwendige Aufwendungen.

Beachten Sie | Mit dieser Entscheidung will sich die Finanzverwaltung allerdings nicht zufriedengeben und hat Revision eingelegt. Da diese bereits anhängig ist, können geeignete Fälle über einen Einspruch vorerst offengehalten werden.

Quelle | FG Düsseldorf, Urteil vom 14.3.2017, Az. 13 K 1216/16 E, Rev. BFH Az. VI R 18/17, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 193302; BMF-Schreiben vom 24.10.2014, Az. IV C 5 – S 2353/14/10002, 
Rz. 104

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Kein Lohnsteuerfreibetrag für Rürup-Beiträge

| Wer Beitragszahlungen in einen Rürup-Rentenvertrag leistet, erhält für die als Sonderausgaben abziehbaren Beiträge keinen Lohnsteuerfreibetrag. Nach einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs ist diese Regelung verfassungskonform. |

Hintergrund: Durch einen Lohnsteuerfreibetrag erhalten Arbeitnehmer ein höheres Nettogehalt, da der Lohnsteuerabzug verringert wird. Die Lohnsteuer ist aber nur eine Form der Einkommensteuer und somit keine Steuer eigener Art. Bei einem Lohnsteuerfreibetrag fällt also eine etwaige Steuererstattung im Zuge der Einkommensteuerveranlagung entsprechend geringer aus.

Quelle | BFH-Urteil vom 10.11.2016, Az. VI R 55/08, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 192762

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Abschließende Hinweise


Verzugszinsen

| Für die Berechnung der Verzugszinsen ist seit dem 1.1.2002 der Basiszinssatz nach § 247 BGB anzuwenden. Die Höhe wird jeweils zum 1.1. und 1.7. eines Jahres neu bestimmt. |

Der Basiszinssatz für die Zeit vom 1.1.2017 bis zum 30.6.2017 beträgt -0,88 Prozent.

Damit ergeben sich folgende Verzugszinsen:

  • für Verbraucher (§ 288 Abs. 1 BGB):
    4,12 Prozent
  • für den unternehmerischen Geschäftsverkehr (§ 288 Abs. 2 BGB): 8,12 Prozent*

* für Schuldverhältnisse, die vor dem 29.7.2014 entstanden sind: 7,12 Prozent.

Die für die Berechnung der Verzugszinsen anzuwendenden Basiszinssätze betrugen in der Vergangenheit:

Berechnung der Verzugszinsen

Zeitraum

Zins

vom 1.7.2016 bis 31.12.2016

-0,88 Prozent

vom 1.1.2016 bis 30.6.2016

-0,83 Prozent

vom 1.7.2015 bis 31.12.2015

-0,83 Prozent

vom 1.1.2015 bis 30.6.2015

-0,83 Prozent

vom 1.7.2014 bis 31.12.2014

-0,73 Prozent

vom 1.1.2014 bis 30.6.2014

-0,63 Prozent

vom 1.7.2013 bis 31.12.2013

-0,38 Prozent

vom 1.1.2013 bis 30.6.2013

-0,13 Prozent

vom 1.7.2012 bis 31.12.2012

0,12 Prozent

vom 1.1.2012 bis 30.6.2012

0,12 Prozent

vom 1.7.2011 bis 31.12.2011

0,37 Prozent

vom 1.1.2011 bis 30.6.2011

0,12 Prozent

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Steuern und Beiträge Sozialversicherung: Fälligkeitstermine in 06/2017

| Im Monat Juni 2017 sollten Sie insbesondere folgende Fälligkeitstermine beachten: |

Steuertermine (Fälligkeit):

  • Umsatzsteuer (Monatszahler): 12.6.2017
  • Lohnsteuer (Monatszahler): 12.6.2017
  • Einkommensteuer (vierteljährlich): 12.6.2017
  • Kirchensteuer (vierteljährlich): 12.6.2017
  • Körperschaftsteuer (vierteljährlich): 12.6.2017

Bei einer Scheckzahlung muss der Scheck dem Finanzamt spätestens drei Tage vor dem Fälligkeitstermin vorliegen.

Beachten Sie | Die für alle Steuern geltende dreitägige Zahlungsschonfrist bei einer verspäteten Zahlung durch Überweisung endet am 15.6.2017.* Es wird an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, dass diese Zahlungsschonfrist ausdrücklich nicht für Zahlung per Scheck gilt.

* Für Bundesländer, in denen der 15.6.2017 (Fronleichnam) ein Feiertag ist, gilt der 16.6.2017.

Beiträge Sozialversicherung (Fälligkeit):

Sozialversicherungsbeiträge sind spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des laufenden Monats fällig, für den Beitragsmonat Juni 2017 am 28.6.2017.

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Aktuelles Steuerrecht – Spezialausgabe





MRS Plus Sonderausgabe 01/2017


Inhaltsverzeichnis der Sonderausgabe 01/2017:

Ordnungsgemäße Kassenführung: Das müssen Sie beachten!

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Für Unternehmer


Ordnungsgemäße Kassenführung: Das müssen Sie beachten!

| Eine ordnungsgemäße Kassenführung ist nicht nur für Unternehmen relevant, die überwiegend Barumsätze tätigen. Dies zeigen zahlreiche Betriebsprüfungen. Denn kommt es hier zu Beanstandungen, drohen oft erhebliche Hinzuschätzungen. Damit die Kasse in der nächsten Betriebsprüfung nicht zum Stolperstein wird, sollten die folgenden Aspekte unbedingt beherzigt werden. |

1. Pflicht zur Kassenführung

Ausgangspunkt für die Verpflichtung zur Kassenführung ist regelmäßig die Buchführungspflicht. Ist der Steuerpflichtige buchführungspflichtig, müssen die Bücher und Aufzeichnungen insbesondere den Vorschriften der §§ 140 bis 148 AO (= Abgabenordnung) und
§§ 238 ff. HGB (= Handelsgesetzbuch) entsprechen. Daneben sind auch Aufzeichnungspflichten zu erfüllen, die sich aus den Einzelsteuergesetzen und den außersteuerlichen Gesetzen ergeben.

Im Umkehrschluss sind also Steuerpflichtige, die ihren Gewinn durch Einnahmen-Überschussrechnung ermitteln, grundsätzlich nicht zur Führung eines Kassenbuchs verpflichtet.

Beachten Sie | Eine Aufzeichnungspflicht kann sich aber auch für Einnahmen-Überschussrechner aus § 22 UStG (= Umsatzsteuergesetz) ergeben. Danach sind Einnahmen und Ausgaben getrennt nach Steuersätzen und steuerfreien Umsätzen aufzuzeichnen.

Das Finanzgericht Hamburg (Beschluss vom 1.8.2016, Az. 2 V 115/16) hat jüngst entschieden, dass auch für Einnahmen-Überschussrechner im bargeldintensiven Bereich regelmäßig die Führung von Aufzeichnungen ähnlich einem Kassenbuch oder einem Kassenbericht notwendig ist. Eine veränderbare Excel-Tabelle genügt diesen Anforderungen grundsätzlich nicht.

Beachten Sie | Ungeachtet der vorstehenden Aspekte kann es für Einnahmen-Überschussrechner auch aus betriebswirtschaftlichen Gründen sinnvoll sein, ein (ordnungsgemäßes) Kassenbuch zu führen. Dies verschafft einen schnellen Überblick über die Einnahmen und Ausgaben und zeigt, wohin die liquiden Mittel geflossen sind.

2. Klarstellungen des Gesetzgebers mit Wirkung ab 29.12.2016

Mit dem Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen (BGBl I 2016, S. 3152) wurde der Grundsatz der Einzelaufzeichnungspflicht nun auch gesetzlich festgeschrieben – und zwar mit Wirkung ab dem 29.12.2016.

MERKE | Einzelaufzeichnungspflicht bedeutet, dass aufzeichnungspflichtige Geschäftsvorfälle laufend zu erfassen, einzeln festzuhalten sowie aufzuzeichnen und aufzubewahren sind, sodass sich die einzelnen Geschäftsvorfälle in ihrer Entstehung und Abwicklung verfolgen lassen können.

Eine Ausnahme von der Einzelaufzeichnungspflicht besteht aus Zumutbarkeitsgründen beim Verkauf von Waren an eine Vielzahl von nicht bekannten Personen gegen Barzahlung.

Zudem wurde gesetzlich fixiert, dass Kasseneinnahmen und Kassenausgaben täglich festzuhalten sind. Zuvor war geregelt, dass diese täglich festgehalten werden sollen.

3. Offene Ladenkasse

Eine bestimmte Form der Kassenführung schreiben weder der Gesetzgeber noch die Gerichte vor. Somit besteht grundsätzlich auch die Möglichkeit, eine „offene Ladenkasse“ (auch Schubladenkasse genannt) zu führen.

In der Praxis findet man diese Form überwiegend in Kleinstbetrieben oder bei Außer-Haus-Veranstaltungen (Bier- und Weinstände auf Volks- und Stadtfesten, Außer-Haus-Verkauf in Eisdielen oder Wurst- und Getränkestände in Fußballstadien). Dabei werden als Behältnisse herkömmliche Geldkassetten, Zigarrenkisten oder ähnliche Aufbewahrungsutensilien genutzt.

3.1 Kassenbericht

Die offene Ladenkasse wird ohne technische Unterstützung geführt. Entscheidet sich der Steuerpflichtige für diese Kassenart, kann er die Tageseinnahmen mithilfe eines fortlaufend nummerierten Kassenberichts durch Rückrechnung (retrograde Methode) aus dem gezählten Kassenbestand ermitteln.

Sinn und Zweck eines Kassenberichts ist demzufolge die richtige und nachvollziehbare Ermittlung der Bareinnahmen. Ein Kassenbericht kann z. B. wie folgt aussehen:

Muster-Kassenbericht

Tagesendbestand
(Endbestand zum Geschäftsschluss)

./. Anfangsbestand
(Kassenbestand des Vortages)

= Zwischensumme (Saldo aus
Tageseinnahmen und Tagesausgaben)

+ Kassenausgaben des Tages

+ Geldtransit auf das betriebliche
Konto oder weitere Kassen

+ Privatentnahmen

./. Privateinlagen

./. sonstige Tageseinnahmen

= Kasseneinnahme des Tages

Der handschriftlich zu führende retrograd aufgebaute Kassenbericht entspricht der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs. Diese besagt, dass die tägliche Berechnung der Tageseinnahmen durch Rückrechnung aus dem ausgezählten Tageskassenbestand erfolgen muss.

Das Erfordernis, einen Kassenbericht handschriftlich anzufertigen, ergibt sich indirekt aus § 146 Abs. 4 AO (Grundsatz der Unveränderbarkeit). Denn bei Kassenberichten, die beispielsweise mit dem Tabellenkalkulationsprogramm Excel geführt werden, können Änderungen nicht mehr nachvollzogen werden.

Der Kassenbestand bei Geschäftsschluss muss vom Unternehmer, Geschäftsführer bzw. von Beauftragten täglich ausgezählt werden. Dabei sind sowohl die Geldscheine als auch das Hartgeld (inklusive Centmünzen) zu zählen. Als weiterer Nachweis für das tatsächliche Auszählen dient das Zählprotokoll (mehr dazu unter 3.2). Es ist darauf zu achten, dass nicht zu hohe Bargeldbestände ausgewiesen werden. Diese sind nämlich oft ein Indiz für die rein rechnerische Führung eines Kassenberichts.

Beachten Sie | In einigen Bereichen
(z. B. bei Discotheken) sind Bargeldbestände in fünfstelliger Höhe aber durchaus als normal anzusehen.

Auch wird es von der Betriebsprüfung kritisch hinterfragt, wenn hohe Kassenbestände bei gleichzeitiger hoher Überziehung des Bankkontos vorliegen.

Unbare Geschäftsvorfälle, z. B. EC-Karten-Zahlungen, dürfen nicht im Kassenbericht miterfasst und dokumentiert werden. Der Kassenbericht stellt das Grundbuch für die Bargeldumsätze dar.

Privatentnahmen müssen zwingend durch Eigenbelege nachgewiesen werden. Fehlende Eigenbelege eröffnen der Betriebsprüfung nämlich die Schätzungsbefugnis dem Grunde nach. Auch müssen Privatentnahmen laufend im Kassenbericht eingetragen werden (und nicht nur am Monatsende).

Ferner sind auch Privateinlagen durch Eigenbelege nachzuweisen. Die Bareinlagen müssen nachvollziehbar sein,
d. h., ungeklärte Einlagen in nicht unerheblicher Höhe sind zu vermeiden.

Die Kassensturzfähigkeit (= jederzeitige Vergleichbarkeit des Sollbestands mit dem tatsächlich vorhandenen Istbestand der Kasse) muss für jede Kasse gegeben sein! Bei fehlender Kassensturzfähigkeit ist die Buchführung eines Betriebes, in dem die Einnahmen ganz überwiegend über die Barkasse vereinnahmt werden, sowohl formell als auch materiell nicht ordnungsgemäß (FG Münster, Urteil vom 16.5.2013, Az. 2 K 3030/11 E, U).

Beachten Sie | Bei Betriebsprüfungen werden oft Kassenberichte vorgelegt, die „glatte“ Zahlen (ohne Nachkommastellen) beinhalten. Ergeben sich aus der Preisliste des Betriebes indes regelmäßig Zahlen mit Nachkommastellen, dann dürfte dies den Prüfer zu weiteren Prüfungshandlungen animieren.

Im Übrigen ersetzt ein Kassenbuch auch dann nicht den Kassenbericht, wenn in einer gesonderten Spalte Bestände ausgewiesen werden. Es würde an einer vorgeschalteten Berechnung fehlen.

Und ganz wichtig: Keine Kassenminusbestände. Das bedeutet: Der Kassenbestand darf nie negativ sein.

MERKE | Das Fehlen von Kassenberichten bei einer offenen Ladenkasse stellt für sich genommen einen gravierenden formellen Mangel dar, der grundsätzlich zu einer Hinzuschätzung berechtigt (BFH-Urteil vom 25.3.2015, Az. X R 20/13).

3.2 Zählprotokoll

Der Bundesfinanzhof (BFH-Beschluss vom 16.12.2016, Az. X B 41/16) hat klargestellt, dass die Anfertigung eines Zählprotokolls für eine ordnungsgemäße Kassenbuchführung bei einer offenen Ladenkasse weiterhin nicht erforderlich ist. Nach der Entscheidung ist bei Bareinnahmen mittels einer offenen Ladenkasse ein täglicher Kassenbericht, der auf Grundlage eines täglichen Auszählens der Bareinnahmen erstellt wird, erforderlich – aber auch ausreichend.

Ein Zählprotokoll, d. h. die Aufstellung über die Stückzahl der in der Kasse am Tagesende vorhandenen und dem Kassenbericht zugrunde gelegten Geldscheine und -münzen, kann wie folgt aussehen:

Zählprotokoll

Scheine

Münzen

Einheit

Stück

Betrag

Einheit

Stück

Betrag

500 EUR

2 EUR

200 EUR

1 EUR

100 EUR

50 Cent

50 EUR

20 Cent

20 EUR

10 Cent

10 EUR

5 Cent

5 EUR

2 Cent

Summe

1 Cent

Summe

PRAXISHINWEIS | Auch wenn ein Zählprotokoll nicht zwingend erforderlich ist, ist die lückenlose Führung eines Zählprotokolls zu empfehlen. Der tägliche Zählnachweis sollte unter Angabe von Datum und Uhrzeit unterschrieben werden. So wird dokumentiert, dass die Zählung nach Geschäftsschluss vorgenommen wurde.

3.3 Kassenbuch

Das Kassenbuch (= Grundbuch) dient der buchmäßigen Darstellung und Erfassung des gesamten Bargeldverkehrs einschließlich der Bestände. Es erfüllt bei buchführungspflichtigen Steuerpflichtigen die Grundbuchfunktion.

PRAXISHINWEIS | Werden neben der Hauptkasse Sonderkassen geführt, erfordert die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung das Vorliegen von Nebenkassenbüchern für jede einzelne Sonderkasse.

Form des Kassenbuchs

Ein Kassenbuch kann wie folgt geführt werden:

  • handschriftlich als gebundenes Kassenbuch in Buchform oder

  • als Loseblattsammlung in Form aneinandergereihter, retrograd aufgebauter Kassenberichte oder

  • mithilfe spezieller „Kassenbuch“-Software (mit täglicher Festschreibung der Daten, sodass diese unveränderbar sind).

PRAXISHINWEIS | Ungeachtet der rechtlichen Möglichkeit, eine offene Ladenkasse zu führen, empfiehlt sich eine Registrierkasse spätestens vor dem Hintergrund der Aufzeichnungspflichten nach § 22 UStG.

4. Elektronische Registrierkassen

4.1 Rechtslage bis Ende 2016

Für elektronische Registrierkassen gilt grundsätzlich eine Einzelaufzeichnungspflicht. Das Bundesfinanzministerium (BMF 26.11.2010, Az. IV A 4 – S 0316/08/10004-07) sah jedoch in einem Schreiben aus 2010 (auch als 2. Kassenrichtlinie bezeichnet) für EDV-Registrierkassen ohne Einzelaufzeichnung und ohne Datenexportmöglichkeit Erleichterungen vor, wenn diese nicht mit Softwareanpassungen und Speichererweiterungen aufgerüstet werden können.

Beachten Sie | Dieses Zugeständnis war aber zeitlich befristet und endete zum 31.12.2016, sodass diese Geräte ab 2017 nicht mehr einsetzbar sind! Sofern noch nicht geschehen, sollte bzw. muss schleunigst in eine finanzamtskonforme Kasse investiert werden.

4.2 Rechtslage ab 2017

Nach der 2. Kassenrichtlinie sind bei Geschäftsvorfällen, die mittels Registrierkassen erfasst werden, insbesondere folgende Punkte zu beachten:

Es müssen alle steuerlich relevanten Einzeldaten (Einzelaufzeichnungspflicht) einschließlich etwaiger mit dem Gerät elektronisch erzeugter Rechnungen im Sinne des § 14 UStG unveränderbar und vollständig aufbewahrt werden. Eine Verdichtung dieser Daten oder ausschließliche Speicherung der Rechnungsendsummen ist unzulässig.

Was unter steuerlich relevante Einzeldaten zu verstehen ist, verdeutlicht folgendes Beispiel:

Beispiel

In einer Bäckerei werden am 2.3.2017 an den Kunden K folgende Brötchen und Croissants verkauft:

  • 3 Weizenbrötchen für 0,45 EUR
    pro Stück = 1,35 EUR
  • 3 Sesambrötchen für 0,40 EUR
    pro Stück = 1,20 EUR
  • 3 Croissants für 1,10 EUR
    pro Stück = 3,30 EUR

K bezahlt 5,85 EUR in bar.

Wenn die Betriebsprüfung diesen Sachverhalt prüft, muss sie diesen Vorgang in den gespeicherten Datenbanktabellen detailliert nachvollziehen können. Jedes einzelne verkaufte Brötchen bzw. Croissant muss erkennbar sein.

Ein ausschließliches Vorhalten aufbewahrungspflichtiger Unterlagen in ausgedruckter Form ist nicht ausreichend. Die digitalen Unterlagen und die Strukturinformationen müssen in einem mit der Prüfsoftware der Finanzverwaltung (IDEA) auswertbaren Datenformat vorliegen.

Beachten Sie | Alle steuerlich relevanten Daten (bei der Registrierkasse insbesondere Journal-, Auswertungs-, Programmier- und Stammdatenänderungsdaten) müssen jederzeit verfügbar, unverzüglich lesbar und maschinell auswertbar aufbewahrt werden. Die Feststellungslast liegt beim Steuerpflichtigen!

Ist die komplette Speicherung aller steuerlich relevanten Daten innerhalb des Gerätes indes nicht möglich, müssen diese Daten unveränderbar und maschinell auswertbar auf einem
externen Datenträger
(beispielsweise USB-Stick, externe Festplatte) gespeichert werden.

Bei PC-(Kassen-)Systemen ist davon auszugehen, dass ausreichende Speicherkapazitäten vorhanden sind, um sämtliche Änderungsdaten auf einer internen Festplatte zu speichern. Aber auch bei diesen Systemen besteht die Möglichkeit der externen Datenspeicherung, ggf. auf besonderen Archivsystemen. Ein Archivsystem muss die gleichen Auswertungen wie jene im laufenden System ermöglichen.

Die konkreten Einsatzorte und -zeiträume der EDV-Registrierkassen und PC-(Kassen-)Systeme sind zu protokollieren und diese Protokolle sind aufzubewahren (vgl. § 145 Abs. 1 AO, § 63 Abs. 1 UStDV (= Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung)).

Außerdem müssen die Grundlagenaufzeichnungen zur Überprüfung der Bareinnahmen für jedes einzelne Gerät getrennt geführt und aufbewahrt werden.

Die zu den Geräten gehörenden Organisationsunterlagen (u. a. Bedienungs- und Programmieranleitungen, Struktur- und Verfahrensdokumentation sowie sonstige Anweisungen zur Programmierung) müssen aufbewahrt werden.

Soweit mithilfe eines solchen Geräts unbare Geschäftsvorfälle (z. B. EC-Cash, Elektronisches Lastschriftverfahren) erfasst werden, muss aufgrund der erstellten Einzeldaten ein Abgleich der baren und unbaren Zahlungsvorgänge und deren zutreffende Verbuchung im Buchführungs- bzw. Aufzeichnungswerk gewährleistet sein.

4.3 Ausblick

Neben den bereits vorgestellten Änderungen durch das Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen gibt es weitere gravierende Neuregelungen, die (zeitlich) wie folgt in Kraft treten werden.

4.3.1 Kassen-Nachschau ab 2018

Ab 2018 besteht für die Finanzverwaltung die Möglichkeit einer Kassen-Nachschau. Dies ist ein eigenständiges Verfahren zur zeitnahen Aufklärung steuererheblicher Sachverhalte, u. a. im Zusammenhang mit der ordnungsgemäßen Erfassung von Geschäftsvorfällen. Die Kassen-Nachschau erfolgt grundsätzlich beim Steuerpflichtigen durch einen Amtsträger der Finanzbehörde – und zwar ohne vorherige Ankündigung und außerhalb einer Außenprüfung.

4.3.2 Neuerungen ab 2020

Elektronische Aufzeichnungssysteme müssen ab dem 1.1.2020 über eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung verfügen, die nach § 146a AO aus drei Bestandteilen besteht:

  • Das Sicherheitsmodul gewährleistet, dass Kasseneingaben mit Beginn des Aufzeichnungsvorgangs protokolliert und später nicht unerkannt verändert werden können.
  • Auf dem Speichermedium werden die Einzelaufzeichnungen für die Dauer der gesetzlichen Aufbewahrungsfrist gespeichert.
  • Die digitale Schnittstelle gewährleistet eine reibungslose Datenübertragung, z. B. für Prüfungszwecke.

Die technischen Anforderungen an die Sicherheitseinrichtung legt das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik im Benehmen mit dem Bundesfinanzministerium fest.

Beachten Sie | Präzisiert werden die Anforderungen des § 146a AO durch eine sogenannte Kassensicherungsverordnung. Einen Entwurf hat das Bundesfinanzministerium am 3.4.2017 vorgelegt. Dieser sieht u. a. vor, dass elektronische oder computergestützte Kassensysteme oder Registrierkassen über eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung verfügen müssen. Eine Ausweitung auf andere Aufzeichnungsgeräte (z. B. Taxameter) erfolgt nicht. Da es sich bis dato aber „nur“ um einen Entwurf handelt, bleibt die weitere Entwicklung abzuwarten.

Ab dem 1.1.2020 gilt die verpflichtende elektronische Belegausgabe bei elektronischen Aufzeichnungssystemen. Danach muss für den an diesem Geschäftsvorfall Beteiligten ein Beleg erstellt und diesem zur Verfügung gestellt werden. Der Beleg kann elektronisch oder in Papierform zur Verfügung gestellt werden. Mit der Belegausgabepflicht entsteht für den am Geschäftsvorfall Beteiligten aber keine Pflicht zur Mitnahme des Belegs.

Beachten Sie | Bei einem Verkauf von Waren an eine Vielzahl nicht bekannter Personen können die Finanzbehörden Unternehmen aus Zumutbarkeitsgründen unter gewissen Voraussetzungen von der Belegausgabepflicht befreien. Diese Befreiung kann allerdings widerrufen werden.

Ebenfalls ab 1.1.2020 haben Steuerpflichtige, die elektronische Aufzeichnungssysteme verwenden, die Art und Anzahl der im jeweiligen Unternehmen eingesetzten elektronischen Aufzeichnungssysteme und der zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtungen dem Finanzamt mitzuteilen. Diejenigen Steuerpflichtigen, die ein elektronisches Aufzeichnungssystem vor dem 1.1.2020 angeschafft haben, haben
diese Meldung bis zum 31.1.2020 zu erstatten.

PRAXISHINWEIS | Wurden Registrierkassen nach dem 25.11.2010 und vor dem 1.1.2020 angeschafft, dann dürfen diese Kassen bis zum 31.12.2022 weiter verwendet werden. Voraussetzung: Sie entsprechen den Anforderungen der 2. Kassenrichtlinie (u. a. Einzelaufzeichnungspflicht) und sie können bauartbedingt nicht aufgerüstet werden, sodass sie die neuen Anforderungen des § 146a AO (u. a. zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung) nicht erfüllen.

Darüber hinaus hat der Gesetzgeber den Katalog der Steuergefährdungsvorschrift (§ 379 AO) erweitert. Aufgenommen wurde u. a., dass derjenige ordnungswidrig handelt, der vorsätzlich oder leichtfertig ein in § 146a Abs. 1 AO benanntes elektronisches Aufzeichnungssystem nicht oder nicht richtig verwendet.

Beachten Sie | Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße in Höhe von bis zu 25.000 EUR geahndet werden.

5. Schätzung bei fehlerhafter Kassenführung

Die Buchführung und die Aufzeichnungen des Steuerpflichtigen sind der Besteuerung zugrunde zu legen, soweit nach den Umständen des Einzelfalls kein Anlass besteht, ihre sachliche Richtigkeit zu beanstanden.

Werden digitale Unterlagen bei Bargeschäften nicht entsprechend der 2. Kassenrichtlinie aufbewahrt, kann dies ein schwerwiegender formeller Mangel sein, der zu einer Hinzuschätzung berechtigt (vgl. Anwendungserlass zur Abgabenordnung zu § 158 AO).

Die Frage, ob und wenn ja, in welcher Höhe hinzugeschätzt werden darf, kann nicht allgemein beantwortet werden, sondern hängt vom Einzelfall ab. Beispielsweise hat das Finanzgericht Düsseldorf (26.3.2012, Az. 6 K 2749/11 K,G,U,F) in 2012 wie folgt entschieden:

Führt ein Restaurant mit hohen Bareinnahmen und hohen Kassenbeständen kein Kassenbuch und erstellt es auch keine ordnungsgemäßen Kassentagesberichte, dann rechtfertigen diese formellen Buchführungsmängel eine Hinzuschätzung von 8 % des erklärten Umsatzes. Dies gilt selbst dann, wenn eine Nachkalkulation möglicherweise keine Differenz erbracht hätte.

Fehlen bei einem programmierbaren Kassensystem Protokolle nachträglicher Programmänderungen, stellt dies einen formellen Mangel dar, der schon für sich genommen zu einer Zuschätzung berechtigt. Dies hat der Bundesfinanzhof in 2015 entschieden (BFH-Urteil vom 25.3.2015, Az. X R 20/13).

Die fehlende Kassensturzfähigkeit bei einer offenen Ladenkasse stellt einen so gewichtigen Mangel dar, dass die sachliche Richtigkeit der ausgewiesenen Ergebnisse zweifelhaft ist. Dieser gravierende Mangel berechtigt die Finanzverwaltung schon für sich genommen auch ohne Nachweis einer konkreten materiellen Unrichtigkeit zu Hinzuschätzungen (BFH-Urteil vom 25.3.2015, Az. X R 20/13).

PRAXISHINWEIS | Diese exemplarischen Entscheidungen zeigen, dass Unternehmer (insbesondere mit hohen Bareinnahmen) gut beraten sind, sich „an die Spielregeln“ für eine ordnungsgemäße Kassenführung zu halten.

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